Wie Berater:innen neue Chancen nutzen können
Die Steuerung von Strategie- und Transformationsprojekten wird immer komplexer und hat sich während des turbulenten, letzten Jahres grundlegend verändert. Dr. Jonas Steeger von Nordantech Solutions beobachtet vier bemerkbare Entwicklungen im Transformationsmanagement und verrät in diesem Gastbeitrag, wie Berater:innen sich diese Trends zu Eigen zu machen können.
In nur kürzester Zeit wurden diverse Branchen und Industrien dazu gezwungen, tiefgreifende Veränderungsprozesse anzustoßen, die den Kern Ihres Geschäftsmodells zunehmend infrage stellen. Dabei spielt nicht nur die aktuelle Pandemie eine maßgebliche Rolle – auch wenn sie viele Trends beschleunigt.
Tatsächlich fordert die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, der technologische Fortschritt und zunehmend starker Preis- und Kostendruck viele heimische Unternehmen dazu auf, sich akut zu verändern. Zuletzt zeichnet sich daher bei vielen Unternehmen eine gemeinsame Transformationsdrang ab. Interessanterweise ändert sich auch das Transformationsmanagement selbst und wächst mit den neuen Herausforderungen mit. Grund genug, um diesen Trends näher auf den Grund zu gehen und zu beleuchten, was Transformationsmanagement im Jahr 2021 anders macht.
Agilität im Management und in der Unternehmensausrichtung
Das schnelllebige Umfeld, in dem sich Unternehmen bewegen, drückt sich insbesondere auch in ihrer Verweildauer aus. Schreibt man den Trend der Verweildauer von Unternehmen im “S&P 500” weiter fort, so sinkt sie bis 2027 auf voraussichtlich magere zwölf Jahre. 2017 lag dieser Wert noch bei ganzen 24 Jahren (Vgl. Innosight, 2018 (Vgl. Innosight, 2018). Ein Grund dafür sind unter anderem die sich kontinuierlich verkürzenden Innovationszyklen.
Transformationsmanager:innen reagieren auf diesen Trend mit dem Ziel, immer agilere Unternehmen zu entwickeln. Dies macht sich an einigen Stellen besonders bemerkbar: Zunächst verwerfen betroffene Unternehmen zunehmend ihren Produktfokus und stellen stattdessen eine menschenzentrierte Organisation in den Fokus, die fortwährend wertschöpfende Möglichkeiten ausloten soll. Während sich der Fokus im traditionellen Ansatz oft auf Effizienzsteigerung der gegebenen Wertschöpfung beschränkt, verfolgen agile Organisationstypen Effizienzgewinne bei der Entwicklung und Etablierung gänzlich neuer und möglichst diversifizierter Wertschöpfungsströme – und das immer wieder auf’s Neue.
Mit diesem Trend kommt, dass auch Transformationsmanagement sich immer öfter bei agilen Managementmethoden bedient, um möglichst rasch aber dennoch gesteuert neue Ideen zu entwickeln, zu evaluieren und gegebenenfalls umzusetzen. Berater können diesen Trend unterstützen, indem Sie einerseits Verständnis für den Unterschied zwischen agilen und traditionellen Unternehmen schaffen und andererseits echte Methodenkenntnis für agiles Transformationsmanagement offerieren.
Schnelleres Abbrechen und Evaluation durch Effektreiber
Damit agile Unternehmensformen funktionieren können, bedarf es dezidierter Prozesse, um die Generierung, Evaluation aber auch die Umsetzung neuer Ideen gezielt zu unterstützen. Nicht funktionierende Ideen müssen zwingend abgebrochen werden. Klassischerweise werden Ideen – oder auch Transformationsmaßnahmen – dabei in einem Härtegradprozess vorangetrieben. Je nach Ausprägung, verläuft ein Härtegradprozess im Schnitt in etwa fünf Phasen von der Idee, über die Evaluation, die Umsetzung, dem zeitlichen Abschluss bis letztlich zur Realisierung einer Maßnahme.
Die Crux ist dabei die Messbarkeit. Häufig zielen nämlich die Maßnahmen auf finanzielle KPIs ab – die jedoch fast immer erst in den letzten Phasen des Prozesses zum Tragen kommen. Bis zur ersten Messung vergeht dabei nicht nur bereits häufig viel Zeit und Aufwand, es entstehen auch massive Opportunitätskosten.
Infolgedessen erleben gerade jetzt, da viele Unternehmen in volatilen Situationen wenig planbare Transformationen mit diversen, oftmals konkurrierenden Maßnahmen anstoßen, sogenannte Effektetreiberkonstrukte eine gewisse Renaissance. Effektreiber verfolgen dabei den Ansatz, möglichst früh und einfach messbare KPIs zu identifizieren, die Aufschluss über die Erfolgswahrscheinlichkeit von Maßnahmen ermöglichen, lange bevor die finanzielle Messbarkeit gegeben ist.
Ein klassisches Beispiel ist dabei die Einkaufsmaßnahme: Bevor es zum Beispiel zu gesunkenem Materialaufwand kommt, muss zunächst erstmal eingekauft werden. Wird nur der Materialaufwand zur Evaluation genommen, kann erst nach der Maßnahmenumsetzung festgestellt werden, ob sie greift. Wird hingegen schon früh – zum Beispiel über die Anzahl der in Verhandlungen stehenden Lieferanten (samt Volumen) gemessen, wird sehr viel schneller deutlich, ob die Maßnahme greift. Diese grundlegende Idee wird wieder zunehmend häufig in Transformationen genutzt. Berater können dabei unterstützen, Verständnis für diesen Sachverhalt aufzubauen und gute Effektetreiberkonstrukte zu etablieren.
Neuausrichtung klassischer PMOs zu OEOs
Die beiden vorangegangenen Trends zeichnen es bereits ab: Transformationen resultieren oft in einem konstanten Strom gescheiterter, kleinerer Reorganisationen im gesamten Unternehmen. Klassische Projekt Management Offices (PMOs), die oftmals insbesondere das zentralisierte Tracking und Reporting von diversen Projekten begleiten, nehmen zunehmend häufig eine neue, stärker exekutiv geprägte Rolle ein: Sie sollen dabei unterstützen, neue Ideen möglichst rasch zu evaluieren und bestenfalls in die Umsetzung zu begleiten. Sie werden in diesem Zuge zu zentralen Agenten der Transformation, die das Ziel und die zugrunde liegende Strategie vollends verstanden haben und leben müssen.
Anders als in traditionell geprägten PMOs, greifen sogenannte Operational Effectiveness Offices (OEOs) noch stärker und aktiv in das Transformationsgeschehen ein. Sie unterhalten die Transformation dabei fortwährend und sind nicht zeitlich terminiert. Sie bleiben bestehen.
Berater können diesen Trend unterstützen, wenn Sie den Unterschied zwischen PMOs und OEOs klar und erlebbar machen und Prozesse etablieren, die eine fortwährende durch ein OEO gestützte Transformation ermöglichen.
Unterstützung durch spezialisierte Tools
Auch wenn Transformations- und Projektmanagement oft in einem Atemzug genannt werden und obgleich viele Parallelen bestehen: Die beiden Welten unterscheiden sich maßgeblich. Tatsächlich ist Projektmanagement eher eine Methodenset, dass im Rahmen des Transformationsmanagements zum Einsatz kommen kann. Gerade weil Transformationen zunehmend zur Daueraufgabe mutieren und sich Unternehmen gezwungen sehen, diesen Umstand aktiv zu begegnen, bauen sie verstärkt auf integrierbare Softwarelösungen, die den speziellen Anforderungen Transformationen gerecht werden.
Wichtige Eigenschaften sind dabei unter anderem, dass Lösungen es schaffen müssen, sowohl einzelne, heterogene Maßnahmen als auch die gesamte Transformation möglichst in Realtime zusammenzufassen, abzubilden, report- und evaluierbar zu machen. Dabei müssen Meilensteine und KPIs zusammenkommen und gleichzeitig abgebildet werden. Berater können dabei unterstützen, geeignete Software-Tools zu finden und nachhaltig im Unternehmen zu etablieren.
Dr. Jonas Steeger – Nordantech Solutions GmbH
Dr. Jonas Steeger ist Co-Founder bei Nordantech und leitet die Bereiche Customer Success und Data Science. Er vereint in seinem Team Support, Kundenbetreuung, Vertrieb, Forschung und Entwicklung. Daten sind seine große Leidenschaft und inspirieren ihn kontinuierlich dazu, eigene Untersuchungen in den Gebieten Transformation & Turnaround zu unternehmen. Oft bieten Falcons eigene Daten die Basis für seine Untersuchungen und immer wieder werden spannende Ergebnisse zutage gefördert. Sein Forschungsgeschick bewies er zuletzt in seiner groß angelegten #SHIFTHAPPENS2020-Studie, in der er 138 Experten zum aktuellen Transformationsgeschehen befragt hat.