“Erfolgsabhängige Honorare sind Teil unseres Beratungsmodells”
Internationalität und starke Erfolgsorientierung – das sind für James Bacos die Eckpfeiler, die im besonderen Maße die Beratungstätigkeit von Oliver Wyman ausmachen. Etwa 100 Hochschulabsolventen sucht das Unternehmen pro Jahr. Im Interview mit junior //consultant erzählt der Senior Partner, worauf sich die Neuen einstellen können – und freuen sollten.
Viele Einsteiger starten bei einer weltweit renommierten Consultingcompany, arbeiten dann jedoch in Städten wie Bad Salzuflen oder Bayreuth. Herr Bacos, wie international arbeitet man eigentlich als Berater bei Oliver Wyman?
Viele unserer Wettbewerber organisieren sich eher nach geografischen Gesichtspunkten. Wir hingegen verfolgen eine industriespezifische Organisationsphilosophie. Ich zum Beispiel arbeite als weltweit Verantwortlicher für die Themen Handel und Konsumgüter. Mein Ressort ist international, alle Berater dort gehören einer Practice Group an und werden international eingesetzt. Die deutschen Kollegen meiner Practice Group arbeiten derzeit in Russland, Dänemark, England, Italien, der Schweiz, Spanien und Österreich. Ebenso gibt es auch Projekte, die einen nach Südafrika, China oder Nordamerika führen können. Jeder Berater hat bei uns nicht nur die Chance, sondern auch die Verpflichtung zu einem internationalen Einsatz.
Wie hoch ist derzeit Ihr Bedarf an Nachwuchskräften?
In Deutschland suchen wir pro Jahr etwa 100 sehr gut ausgebildete Absolventen aller Fachbereiche.
Sie suchen also nicht nur Wirtschaftswissenschaftler?
In der Vergangenheit war die Beratungsbranche sehr stark auf Betriebswirtschaftler fokussiert. Oliver Wyman deckt ein sehr breites Spektrum von Industrien und Kompetenzen ab. Deshalb suchen wir neben Wirtschaftswissenschaftlern auch Mathematiker, Physiker, Musiker, Geisteswissenschaftler, Ingenieure und Juristen. Jeder Fachbereich bringt anderes Know-how mit, die Rollen im Team unterscheiden sich und unsere Kunden benötigen Vielfalt. Deswegen setzen wir auf eine bunte Mischung aus Persönlichkeiten, unterschiedlichen Lebensläufen, Hintergründen und Ausbildungen. Wichtig ist uns, dass unsere Einsteiger neben Fremdsprachenkenntnissen und sehr guten Studienleistungen in ihrem Lebenslauf schon einmal bewiesen haben, mit unstrukturierten Sachverhalten erfolgreich umgegangen zu sein. Denn genau Letzteres ist unser Tagesgeschäft.
Ein wesentlicher Teil der Beraterhonorare wird bei Oliver Wyman erfolgsabhängig gezahlt.
James Bacos, Oliver Wyman
Was ist denn der Unterschied im Beratungsansatz von Oliver Wyman zu anderen Beratungsgesellschaften?
Neben der Internationalität ist sicherlich ein wichtiger Punkt, dass der weitaus größte Teil unserer Beratungsprojekte erfolgsorientiert ist, was schlicht bedeutet, dass ein wesentlicher Teil unseres Beratungshonorars erfolgsabhängig gezahlt wird. Das geht nicht bei allen Projekten, beispielsweise wenn der Beratungshorizont sieben oder mehr Jahre beträgt, wie das beispielsweise beim Aufbau eines Eisenbahn-Schienennetzes der Fall ist. Aber in meinem Beratungsfeld, dem Handel, sind neunzig Prozent der Projekte mit Businesscases untermauert, in denen wir einen klaren wirtschaftlichen Vorteil für den Kunden prognostizieren. Dies kann Umsatzwachstum sein, dies können aber auch höhere Margen, Kosteneinsparungen oder Expansionen sein. Erfolgsabhängige Honorare sind der Kern unseres Beratungsmodells. Wichtig ist, dass man bei diesen Projekten eine gute gemeinsame Zahlenbasis hat und klar definierte, messbare Erfolgsziele mit dem Klienten ausmacht.
Das klingt so, als ob die Beratungsprojekte bei Oliver Wyman länger dauern als im Branchenschnitt der Strategieberater.
Das trifft nicht auf alle, aber auf etliche unserer erfolgsabhängigen Projekte zu. Wir arbeiten im Handel beispielsweise sehr eng mit dem Kunden zusammen. Das beginnt bei der Erstellung der Strategie und endet mit der gemeinsamen Realisierung. Schließlich haben wir im Sinne des Kunden und unseres Entlohnungsmodells ein hohes Interesse, dass die Strategie auch in der Umsetzung so gewinnbringend wie nur irgend möglich realisiert wird. Das führt oft zu sehr langfristigen Kundenbeziehungen, weil Oliver Wyman überaus erfolgreich berät. Mit einem unserer Auftraggeber arbeite ich seit über zehn Jahren zusammen. Der langjährigste Kunde, mit dem ich persönlich zu tun habe, sitzt in den USA und beauftragt uns seit 25 Jahren.
Im Durchschnitt dauert ein Projekt sechs bis sieben Monate – im Handel jedoch auch mehrere Jahre
James Bacos, Oliver Wyman
Bedeutet das für Ihre Berater, normalerweise sehr lange an einem Projekt zu arbeiten?
Das muss man sehr differenziert sehen. Ein kleines, thematisch klar begrenztes Projekt dauert etwa drei bis vier Monate. Aber das ist bei Oliver Wyman eher die Ausnahme. Ein Durchschnittsprojekt dauert über alle unsere Beratungsfelder betrachtet etwa sechs bis sieben Monate. Im Handel sind die Projekte allerdings aufgrund unserer erfolgs- und umsetzungsorientierten Philosophie, der Komplexität und der Größe der Unternehmen deutlich länger. Wir haben Klienten mit bis zu 5.000 Standorten und über 100.000 Mitarbeitern. Wir beraten zu Strategie, Standort, Logistik und Einkauf, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Da kann ein Projekt ein Jahr, achtzehn Monate oder bis zu dreieinhalb Jahre dauern. Aber eins ist uns dabei ganz wichtig: Wir haben für unsere Berater die Regel, dass nach sechs Monaten das Beratungsprojekt gewechselt wird. Das möchten auch viele unserer Nachwuchsberater, die sich schließlich am Anfang ausprobieren wollen. Sie können allerdings auch in dem Projekt bleiben, wenn sie das bevorzugen.
Wie hoch ist denn bei Ihnen im Allgemeinen die Fluktuation?
Unsere Fluktuation liegt etwa bei fünfzehn Prozent. Um das Jahr 2000 war sie schon einmal viel höher, fast doppelt so hoch wie jetzt, weil damals viele Berater in den Internetunternehmen schnell reich werden wollten. Das war aber nur eine kurze Episode.
Diejenigen noch besser zu machen, die um die Weltspitze kämpfen – das ist die Rolle von uns Unternehmensberatern.
James Bacos, Oliver Wyman
Dass Berater abgeworben werden, ist nicht ungewöhnlich. Wie ist das bei Oliver Wyman?
Viele Berater bekommen Angebote von unseren Kunden. Gerade letzte Woche hat sich einer meiner Kollegen dazu entschieden, uns zu verlassen. Nicht, weil er sich nicht wohl gefühlt hatte, sondern weil er einen absoluten Top-Job bei einem Unternehmen bekommen hat, das zudem auch noch geografisch günstiger für ihn liegt. Er hat kleine Kinder, muss zukünftig nicht viel reisen und deshalb passte das Jobpaket perfekt für ihn. Einige unserer Consultants gehen auch in die interne Beratung eines großen Konzerns.
Aber die meisten unserer Berater bekommen operative Stellen in der freien Wirtschaft angeboten, weil das die Stärke unseres Beratungsfeldes ist. Der Großteil ist aber auch bei uns sehr glücklich – das freut mich natürlich besonders.
Wie sehen Sie persönlich eigentlich das Berufsbild des Beraters?
Manchmal wird einem die Frage gestellt, warum man eigentlich Berater geworden ist – und nicht zum Beispiel Manager. In meiner Muttersprache gibt es eine passende Antwort darauf: „Those who can‘t do, teach“. (lacht) Die Unternehmen, die wir beraten, sind in aller Regel sehr gut geführt und stehen häufig in einem wirklich harten Wettbewerb zu anderen Firmen. Das ist ähnlich wie im Hochleistungssport, in dem es oft nur um Zehntel- oder Hundertstelsekunden geht. Was würden Sie tun, wenn Sie als Hochleistungssportler um die Weltspitze kämpfen? Sie suchen sich den besten, auf Ihre Sportart spezialisierten Trainer, den besten Ernährungsberater, den besten Mentaltrainer. All das ist die Rolle von uns Unternehmensberatern für unsere Klienten. Das ist am Ende viel mehr als reines Problemlösen. Sie brauchen als Berater die Fachkompetenz, aber auch die Begeisterung, die kommunikativen Fähigkeiten und den Spaß an der Sache. Den Spaß, die Begeisterung, die Intellektualität, die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Kollegen und die Vielfalt der Projekte habe ich mein ganzes Berufsleben lang bis heute genossen. Das alles wünsche und erhoffe ich mir für jeden, der sich für einen Einstieg in die Consultingbranche entscheidet.
James Bacos, Oliver Wyman
James Bacos ist Senior Partner und berät multinationale Unternehmen im Einzelhandel und in der Konsumgüterindustrie. James Bacos wurde in North Carolina, USA geboren. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte er an der Universität Lund in Schweden.
Anschließend erwarb er einen Master of Science am Massachusetts Institute of Technology. James Bacos verfügt über mehr als 28 Jahre Beratungserfahrung und ist seit 1995 bei Oliver Wyman in München. Als Market Leader in Deutschland verantwortet er auch den Bereich Recruiting.