Verwaltungshandeln gestalten
Ein Gastbeitrag von Peter Brüning, Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei der BwConsulting
Interne Beratung ist seit den 1990er-Jahren in vielen Konzernen als Thema und häufig auch als Organisationseinheit gesetzt. Weniger bekannt ist, dass auch der Public Sector in Deutschland sich zunehmend dieses Ansatzes annimmt. Er reagiert damit auf ein stets komplexer werdendes Umfeld, in dem klassische Administration an ihre Grenzen kommt. Und bietet so auch neue Karriereoptionen für Menschen mit Beratungsaffinität und gleichzeitig gesellschaftspolitischem Interesse.
„Was ist das denn für ein Titel? Sind ‚Verwaltungshandeln‘ und ‚gestalten‘ nicht ein gegensätzliches Begriffspaar?“
Dies war eine der ersten Reaktionen, als ich den Beitrag jemandem abseits meines beruflichen Kontextes vorstellte. Sie spiegelte ein gern tradiertes Bild: Verwaltung gleich langsam gleich altmodisch gleich unkreativ. Das Problem bei solchen Bildern: Sie werden unscharf, wenn man Details betrachten möchte, vorhandene Dynamik verwischt. Dadurch entstehen Pauschalisierungen, die den Impulsen, Initiativen und vor allem den Individuen in der Regel nicht gerecht werden – über lange Wartezeiten wird lieber erzählt als über schnell erfolgte Lösungen.
Doch in der Tat muss sich die öffentliche Verwaltung deutlich veränderten Ansprüchen und Rahmenbedingungen stellen. Zurzeit führt uns dies die Corona-Pandemie deutlich vor Augen. Neue Herausforderungen entstehen aber auch durch bekannte globale Trends wie Digitalisierung oder demografische Verschiebungen. Sie verändern die Erwartungshaltung gegenüber dem Staat und zeigen zusätzlich kritische Handlungsfelder auf, auf denen er agieren muss – nicht nur aus einem reinen Servicegedanken heraus, sondern im Sinne der Daseinsvorsorge als seiner Kernaufgabe.
Große Potenziale
In vielen Handlungsfeldern gibt es große Potenziale. Die staatliche Administration benötigt flexiblere und agilere Strukturen, um Risiken begegnen und Chancen nutzen zu können. Sie muss sich in die Lage versetzen, schneller und effizienter zu handeln. Probleme muss sie vor allem querschnittlich über Zuständigkeitsbereiche hinaus und hierarchieübergreifend angehen.
Dazu bedarf es Fähigkeiten, Methoden und Mindsets, die aktuell nicht durchgängig in den Laufbahnausbildungen und der behördlichen DNA insgesamt verankert sind. Genau hier kann interne Beratung im Public Sector ein geeigneter Ansatz, eine geeignete Ergänzung sein.
Interne Beratungen tragen dazu bei, Wissen in der Organisation zu halten – im öffentlichen Sektor ist das ein sehr wichtiger Punkt
Denn nicht nur externe, auch interne Beratungen denken und arbeiten in Projekten. Damit fördern sie in ihren Organisationen einen wesentlichen Hebel für mehr Veränderungsgeschwindigkeit und Ergebnisorientierung: die Projektfähigkeit. Ohne zeitraubende Ausschreibungen und innerbehördlichen Versetzungen sind sie schnell und flexibel einsetzbar. Ihre Teams bringen querschnittliche Kompetenzen aus unterschiedlichen Fachrichtungen mit – in der BwConsulting arbeiten beispielsweise nicht nur Betriebswirte, sondern auch Politikwissenschaftler:innen, IT-Experten:innen und Psycholog:innen gemeinsam an Aufgaben. Und durch den Inhouse-Status kennen sie die Organisation gut, was vor allem den Projektstart beschleunigt.
Außerdem tragen interne Beratungen dazu bei, Wissen in der Organisation zu halten – gerade im öffentlichen Sektor ein sehr wichtiger Punkt, da hier externe Beratung bisweilen besonders kritisch betrachtet wird. Das fördert nicht nur das Vertrauen und Zutrauen, vielmehr werden Analysemethoden, Interviewtechniken oder Workshopdesigns so auf die Strukturen und die Kultur der Organisation geeicht, was manchen Fehlversuch erspart.
Im Sinn liegt der Unterschied
Im Beratungshandwerk der internen Public Sector-Consultants gibt es eher wenige Unterschiede zu den Kolleg:innen in Konzernen oder den externen Beratungshäusern. Stets geht es darum, unter Einsatz geeigneter Werkzeuge das Problem der Klienten zu ergründen, Lösungsoptionen zu erarbeiten und ihnen beim Umsetzen der Lösungen zu helfen. Dafür bedarf es hier wie dort Neugier, Einfühlungsvermögen, analytische Fähigkeiten und kommunikative Kompetenzen.
Der „Purpose” macht den Unterschied bei interner Beratung im Public Sector aus
Einen großen Unterschied stellt aber das dar, was heute gerne als ‚Purpose‘ beschrieben wird: Zweck und Ziel des Public Sectors differieren deutlich von Unternehmen. Das Funktionieren des Staates für die Gesellschaft, das Schaffen von optimalen Lebensbedingungen, das Arbeiten an Politikfeldern – das ist etwas anderes als das Prinzip der Gewinnmaximierung, für das Unternehmen interne oder externe Beratung benötigen. Genau dieser Unterschied gibt internem Consulting im Public Sector seinen besonderen Sinn. Und erklärt auch den Titel des Beitrags: Im Verwaltungshandeln gibt es viel Raum für kreative Gestaltung, um den Purpose auszufüllen, und interne Beratung kann wirksam unterstützen, diesen Raum mit frischen Ideen, Projekt-Know-how und klarer Zielfokussierung zu erschließen.
Zunahme an interner Beratung erwartbar
Daher verwundern auch die zahlreichen Impulse nicht, mit denen in der öffentlichen Verwaltung aktuell Konzepte für interne Beratungseinheiten diskutiert und vorangetrieben werden. Ein Beispiel ist das Thesenpapier von NExT e.V., einem Netzwerk von Mitarbeitenden des Public Sectors zur Gestaltung einer modernen Verwaltung. In ihm arbeiten die Autoren den Mehrwert interner Beratung heraus. Eine Frage ist dabei auch die rechtliche und organisatorische Aufstellung solcher Einheiten, mit der zudem die Frage der Einstiegsmöglichkeiten einhergeht.
Viele Behörden und öffentliche Einrichtungen tun gut daran, den Zugang nicht nur auf Angehörige des öffentlichen Dienstes zu beschränken. Die BwConsulting als Inhouse-Beratung der Bundeswehr oder auch die PD als interne Beratung für Bund, Länder und Kommunen sind beispielsweise als privatrechtliche Unternehmen aufgestellt und bewegen sich frei auf dem Personalmarkt. Doch auch öffentliche Institutionen mit anderen Rechtsformen werden hier in Zukunft stärker in Erscheinung treten. Denn anders ist die beabsichtige Diversität nicht zu erreichen, mit der ein modernes Verwaltungshandeln gestaltet werden kann.
Peter Brüning, BwConsulting
Peter Brüning ist Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei der BwConsulting, der Inhouse-Beratung der Bundeswehr. Das Unternehmen berät mit methodischen und fachlichen Kompetenzen die strategischen Projekte des Verteidigungsressorts, im Fokus stehen die Beratungsfelder Strategie & Steuerung, Prozesse & Organisation und Projektmanagementberatung. Neben seiner Projektverantwortung ist der Kölner Manager für die Identifizierung zukünftiger Beratungsthemen sowie die Zusammenarbeit der BwConsulting mit Expert:innen und Netzwerken zuständig.