
Fast alle großen deutschen Unternehmen leisten sich mittlerweile eine interne Beratungseinheit. Warum kaum ein Konzern darauf verzichtet und welche Perspektiven die Inhouse Consultancies für Absolventen bereithalten, klärt junior //consultant in sechs Fragen.
Worin sehen Konzerne den Vorteil interner Consultants?
„Nach dem Trend zum Outsourcing bündeln Unternehmen ihre Kompetenzen heute wieder stärker intern. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass eigene Berater die inneren Strukturen, Arbeitsabläufe und die Unternehmenskultur besser kennen“, sagt Dr. Sania Alexander de Miroschedji, Leiter der Volkswagen Consulting. Mittlerweile leisten sich mehr als zwei Drittel der DAX-Unternehmen eine interne Beratungseinheit. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie nicht auch oder seltener externe Consultants ins Haus lassen. Eigene Consultingeinheiten ersetzen nicht unbedingt McKinsey & Co., sondern stiften vielfachen Nutzen und fungieren im Idealfall als Wissens- und Talentpool. Sie bündeln Fach- und Managementwissen und bilden die Mitarbeiter durch die tägliche Arbeit zu Experten des eigenen Hauses aus. Die wiederum sind dabei im Normalfall nicht auf ein Themengebiet spezialisiert, sondern kennen auch die Zusammenhänge im Konzern. Fast alle internen Consultants landen deshalb nach der Beratertätigkeit im Konzern und bekleiden dort Führungspositionen.
Den gestiegenen Stellenwert der internen Berater sieht auch Marc Rohde von BWConsulting. Die Inhouse Beratung der Bundeswehr hat sich zu Beginn des Jahres nicht nur von g.e.b.b. in BWConsulting umbenannt, sondern auch strategisch neu aufgestellt. „Früher hat unsere Beratungseinheit viel Organisatorisches gemacht, hat sich beispielsweise um die Logistik und Immobilienverwaltung gekümmert. Jetzt wird die Beratung ausdrücklich als Instrument der Leitung begriffen.”
Besteht im Inhouse Consulting durch die In-sich-Beratung nicht die Gefahr, im eigenen Saft zu schmoren?
Inhouse Consultant bleibt man meist nur wenige Jahre, im Schnitt etwa drei bis fünf. Danach geht es für die meisten in den Konzern. Bei innogy beispielsweise wechseln 90 Prozent in die Linie. Alle fünf Jahre wird das Wissen damit komplett umgewälzt und auf den neuesten Stand gebracht. Laufend bringen Hochschulabsolventen frische Expertise von der Uni, während angeheuerte, externe Berater die Einhaltung der Marktstandards gewährleisten. Diese erfahrenen Consultants kümmern sich nicht nur um Strukturen und Professionalität, sondern verantworten oft auch das Recruiting und die Projektakquise.
Was macht Inhouse Beratungen attraktiv als Arbeitgeber?
Viele weiche und harte Faktoren sprechen für eine Karriere im Inhouse Consulting. Wer in eine Führungsposition in der Industrie strebt, erkennt in der internen Beratung ein echtes Karrieresprungbrett. Einen schnelleren und direkteren Weg in einem großen Konzern aufzusteigen gibt es kaum. Denn auch, wenn man in der internen Managementberatung sehr viel bewegt, geht es oft schon nach wenigen Jahren weiter in Führungspositionen im Mutterkonzern. Grund dafür sind die hervorgehobenen Themen, an denen man arbeitet, der enge Kontakt mit dem oberen Management und der breite Zugang zu unterschiedlichen Business-Units und Funktionen im Konzern.
Während der Jahre in den Beratungseinheiten schätzen die Consultants die eher familiäre Atmosphäre. Selbst die Inhouse Beratungen von Global Playern wie Siemens oder DHL kommen nur auf 160, beziehungsweise 100 Mitarbeiter. Aber auch andere weiche Faktoren wie weniger Reisetätigkeit, fehlende Ellbogenmentalität und der meist obligatorische (Home-)Office Friday werden von Mitarbeitern von Inhouse Consultancies genannt, wenn es gilt, die Vorteile zu umreißen. Die Unternehmen lassen sich viel für die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter einfallen, wie Dr. Stefanie Papenberg, Personalentwicklerin bei DB Management Consulting, ausführt: „Wir haben individuell für unsere Beraterinnen und Berater so genannte ‘flextime-Modelle’ entwickelt. Neben verschiedenen Teilzeit-Modellen können sie zum Beispiel ein Kurz-Sabbatical nutzen und schon nach einem Jahr bei DB MC für zwei Monate auf ‘Sendepause’ gehen. Begehrt ist auch das Modell der persönlichen ‘Zeitumstellung’ – längere Freizeit-Blöcke nach einer Phase der Vollzeit-Beratung, die durch ein Teilzeit-Gehalt finanziert werden.”
Was bedeutet die Entscheidung für die Karriere im Inhouse Consulting?
Es gibt viele Gründe, sich für das Inhouse Consulting zu entscheiden – allerdings sollte man sich genau überlegen, wo man das tut. Denn im Regelfall entscheidet man sich damit für dem Karriereweg in einer bestimmten Branche. Wer sich für einen Karriereinstieg im Inhouse Consulting eine Bank aussucht, bleibt nicht zwangsläufig bis zur Rente bei diesem Kreditinstitut. Aber fast immer bedeutet es, sein Arbeitsleben in der Finanzbranche zu verbringen. Wechsel unter Inhouse Consultancies der gleichen Branche sind nicht selten. Gerade zu Beginn einer Karriere wechseln viele noch einmal das Pferd. Wer bei E.ON startet, ist vielleicht auch neugierig, wie die Dinge bei innogy angegangen werden – und andersherum. Sehr selten allerdings wird jemand von der Energiebranche in den Automotivebereich gehen.
Was muss man mitbringen – außer Kuchen?
Wenn man nicht gerade ausnahmsweise ein externes Unternehmen berät, sind die Klienten immer zugleich Kollegen – denen man immer wieder begegnen kann und wird. Soziale Kompetenzen sind da enorm wichtig und ein unangenehmes Projekt kann man nicht so einfach abhaken. „Hit and run, das mag woanders funktionieren, in der Inhouse Beratung jedesfalls nicht”, bekräftigt auch Mirco Glunz von innogy.
Positiv gesehen: Wer gute Arbeit leistet, sieht die Erfolge seines Tuns jeden Tag und erlebt die Bestätigung durch die Kollegen. So wie Dustin Faust, Senior Consultant bei DB Management Consulting: „Für mich ist Beratung ein Mannschaftssport, der von individuell inspirierenden und analytisch starken Persönlichkeiten in komplexen und herausfordernden Umgebungen lebt. Hier schafft DB Management Consulting genau diesen Spagat zwischen freundschaftlicher und leidenschaftlicher Zusammenarbeit in einem disruptiven globalen Mobilitätsmarkt. Dabei ist es insbesondere die Symbiose aus Strategie- und Umsetzungsthemen, in den verschiedensten Geschäftsfeldern, die uns zu Mobilitätsexperten und Sparringspartnern des Top-Managements macht.”
Was beschäftigt die Inhouse Einheiten?
Wie in anderen Bereichen auch, spielt das Thema Digitalisierung eine große Rolle und wirkt sich dementsprechend auf das gewünschte Qualifikationsprofil künftiger Berater aus. So zum Beispiel bei Commerz Business Consulting, der Inhouse-Beratung der Commerzbank in Frankfurt. Dazu Nadine Nüller, zuständig für das Recruiting: „Der Trend zur Digitalisierung hat natürlich auch Auswirkungen auf unsere Anforderungsprofile. Neue, beziehungsweise tiefergehende fachliche Qualifikationen sind gefragt. Am Beispiel des Themenfelds rund um Digitalisierung wird das recht deutlich. Dort suchen wir gezielt ‘digitale Berater’, deren akademischer Hintergrund in Richtung Informatik und/oder Design geht, idealerweise ergänzt um erste Praxiserfahrung im Digitalisierungsumfeld.“ Weitere wichtige Themen, die einen hohen Beratungsaufwand mit sich bringen, sind die Optimierung von End-to-End (E2E) Prozessen sowie Transformation & Sourcing.
Isabella Grahsl, Managerin bei DB Management Consulting, erkennt in der Herausforderung aber auch die hohe Attraktivität der Arbeit der Consultants: „Digitalisierung bei der Bahn reicht von der Optimierung der digitalen Kundenschnittstelle, Beispiel DB Navigator-App, über die Pivotierung neuer Angebote wie dem intermodalen Reiseplaner Qixxit bis hin zur Digitalisierung von zum Beispiel Instandhaltungsprozessen durch Tablets. So bleibt unser Job täglich spannend und gibt uns die Möglichkeit, mit unseren Kunden die digitale Agenda des DB-Konzerns aktiv zu gestalten.”
Fazit : Karriere im Inhouse Consulting
Der Berufseinstieg im Inhouse Consulting ist extrem attraktiv, nicht nur wegen der guten Work-Life-Balance und des möglichen Karrierehorizonts. Bedenken sollte man allerdings, dass man sich frühzeitig mit der Entscheidung auf eine bestimmte Branche festlegt.
Autor: David Lins