Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!
Berater werden gerufen, um Probleme zu lösen – in der Medizin würde man sagen: um Symptome zu behandeln. Bekanntermaßen ist der Arzt ein Profi in seinem Fachgebiet, wenn er es schafft, nicht nur die Symptome zu lindern, sondern auch die Ursache des gesundheitlichen Übels zu diagnostizieren und erfolgreich zu behandeln. Genauso verhält es sich auch mit Beratern in Unternehmen: Sie soll(t)en nicht nur die Symptome lindern, sondern durch gezielte Strategien verhindern, dass Probleme überhaupt entstehen.
Ein Gastbeitrag von Sonja Wittig und Markus Brand
„Nur zu beraten“ reicht daher schon bald nicht mehr aus, um einen nachhaltigen Change in Unternehmen anzustoßen. Aktuell verändern sich die Werte von Menschen, ebenso die Unternehmenskultur, die Gesellschaft und damit der Markt. Das erfordert ein Umdenken, eine neue Form des Arbeitens, Lernens und Führens – und damit eben auch eine neue Form des Beratens. Unternehmen brauchen nicht mehr die „allwissenden“ Consultants. Sie brauchen Entwicklungspartner und -begleiter, oder neudeutsch: Facilitators!
Die neue Arbeitswelt erfordert systemische Veränderungen
Lange Zeit lag der Fokus auch bei uns im Institut für Persönlichkeit auf der klassischen Ausbildung von Trainern, Coaches und Beratern. Ebenso haben wir viele Jahre in Unternehmen trainiert, gecoacht und beraten. Doch mehr und mehr haben wir gelernt: „Never send back a changed person in an unchanged company.“ Generell können Konflikte entstehen, wenn sich einzelne Menschen verändern, sie jedoch im alten Umfeld wieder vor die gleichen Wände (oder Vorgesetzten) laufen. Zukünftig wird die Lösung darin liegen, ganze Systeme und nicht mehr nur einzelne Menschen zu verändern. Das klingt wie ein Wonderland für Unternehmensberater.
Vom Berater zum Begleiter
Die klassischen Formen des Beratens stoßen in diesen Tagen und erst recht in der Zukunft an ihre Grenzen. Veränderung hat mit Lernen zu tun, und eben dieses Lernen erfordert einen Paradigmenwechsel. Früher funktionierte Lernen durch Instruktion: „Ich zeige Dir, wie es richtig geht, denn ich kann es besser als Du.“
Als die Aufgaben komplexer wurden und immer mehr Expertise gefragt war, folgte der Modus: „Ich trainiere Dich als Experten, denn Du kannst es besser als ich.“ Heute gibt es nicht mehr den einen richtigen Weg, wir lernen durch gemeinsames Ausprobieren. Wenn sich die Spirale der Dynaxität (Dynamik und Komplexität) weiter so schnell dreht, wird der erfolgversprechendste Modus am ehesten der „kollaborative“ sein.
Das bedeutet, dass es nicht mehr richtig und falsch geben wird. Stattdessen wird der Berater ein Begleiter und Facilitator sein, der dem Kunden die Möglichkeiten gibt, den für ihn richtigen Weg zu finden. Berater beraten nicht mehr, Berater begleiten. Der wissende Gott im Maßanzug wird somit zum neugierigen Supporter – ohne Krawatte als Statussymbol.
Neue Lernformate braucht die Welt
Doch wie wird ein Unternehmensberater zum Unternehmensentwickler? Indem er sich selbst entwickelt. Als Life- und Lern-Designer reagierten wir auf diese Erkenntnis und Frustration vieler Consultants, Trainer und Coaches und fragten uns, wie modernes, individuelles Lernen in unserer neuen, komplexen Arbeitswelt Wirklichkeit werden kann.
Unsere Antwort und Expertise haben wir in eine Ausbildung zum Organisationsentwickler (up/SKILL:OE) gegossen. „Walk your Talk“ gilt dabei als Grundprinzip dieses Zertifizierungslehrgangs. Es gibt kein Kompendium, das über die Teilnehmer gestülpt wird. Inhalte und die Art und Weise der Wissensvermittlung werden den Bedürfnissen wie auch dem Lern-Reifegrad der Teilnehmer angepasst. Basierend auf der Überzeugung als auch unserer Erfahrung, dass zukünftige Organisationsentwickler nicht mehr instruiert oder trainiert werden wollen, entwickelten wir eine persönlichkeitsorientierte Methodik und Didaktik.
Sonja Wittig und Markus Brand vom Institut für Persönlichkeit sind Preisträger des Europäischen Trainingspreis 2021 des BDVT in der Kategorie „New Learning“. Das neue Programm „up/SKILL – vom Trainer und Coach zum Organisationsentwickler“ war gleich zweimal nominiert. Auch in der Kategorie „New Facilitation“ kürte die Jury die innovative OE-Ausbildung zum „Ausgezeichneten Finalisten“. https://upskill-oe.de/
Dabei halfen uns Persönlichkeitsanalysen wie das Reiss Motivation Profile® zur Erfassung der Motivstruktur und intrinsischen Antreiber sowie die 9 Levels Of Value Systems® zur Analyse der individuellen Wertesysteme. Sie halfen uns, die Bedürfnisse unserer Teilnehmer besser zu verstehen und im Lernprozess gezielt zu berücksichtigen. Die Daten verrieten uns: Die Teilnehmer legen Wert auf Selbstverantwortung, Selbststeuerung und Autonomie. Im Prozess brauchen sie keinen Ausbilder, sondern einen Community Facilitator. Der Arbeitsmodus sollte nicht mehr auf Effizienz und Effektivität getrimmt sein, sondern vernetztes Lernen und Co-Creation in den Mittelpunkt rücken. Klassische Seminare weichen Bar-Camps, Learning Journeys und Working Out Loud-Formaten – mal online, mal on-site und mal hybrid. Eine Entwicklung, die von den Teilnehmern der ersten Generation dankend angenommen und stetig durch eigene Kaminabende und andere Selbstlernformate weiterentwickelt und mitgestaltet wurde.
Unser Fazit: Wenn sich Menschen, Systeme, Märkte und Werte ändern, dann müssen sich nicht nur Lernformate, sondern auch Beratungsangebote ändern. Wie ist das bei Ihnen? Beraten Sie noch oder begleiten Sie schon? Was brauchen Ihre Kunden? Was wünschen sie sich von Ihnen? Sehen Sie sich dazu die vier Quadranten in der Dynamik/Komplexität-Grafik an. Finden Sie Ihre persönliche Antwort: indem Sie Symptome analysieren und einen individuellen Behandlungsplan erstellen. Und dann packen Sie das Übel an der Wurzel!
Markus Brand ist Gründer und Leiter des Instituts für Persönlichkeit. Als Diplom-Psychologe, Managementtrainer, Coach, Autor und Speaker hat er umfangreiche Coachingausbildungen, u. a. in systemischer Transaktionsanalyse und lösungsfokussierter Kommunikation. Er ist zertifiziert für die Arbeit mit zahlreichen diagnostischen Instrumenten und bildet als einer der erfahrensten Experten weltweit auch andere interessierte Menschen für das Reiss Motivation Profile® und die 9 Levels of Value Systems® aus.
Sonja Wittig ist Mitinhaberin des Instituts für Persönlichkeit und Geschäftsführerin von 9 Levels Deutschland. Als Facilitator begleitet sie Transformationsprozesse von Einzelpersonen, Teams und ganzen Organisationen. Durch passgenauen Einsatz und Zertifizierung für Tools wie Reiss Motivation Profile® und 9 Levels of Value Systems® erfasst sie dabei individuelle Muster und macht sie in Coachings, Trainings, Teamentwicklungen und Beratungsprojekten für die Zielerreichung nutzbar.