Zwei weibliche Führungskräfte bei DHL Consulting im Interview
Im Gespräch mit zwei echten Urgesteinen von DHL Consulting: CEO Sabine Müller und Partner Jana Koch gehören der Inhouse-Beratung des Logistikkonzerns bereits seit vielen Jahren an. junior//consultant unterhielt sich in Bonn mit den beiden Führungskräften über die Karrierepfade bei Deutsche Post DHL und die Besonderheiten des Inhouse-Consultings.
Sie beide sind seit mehr als zehn Jahren bei DHL Consulting. Bei Beratungen, besonders Inhouse-Beratungen, ist es außergewöhnlich, dass jemand so lange bleibt.
Koch: Das ist es auch. Sie sprechen mit zwei der wenigen Rejoiner, die wir haben. Wir sind vom DHL Consulting in den Konzern gegangen und kamen dann zurück.
Ich dachte immer, in die Linie zu wechseln ist eine Einbahnstraße.
Müller: Viele sehen sowohl die interne als auch die externe Beratung als Einstieg und nicht als Job ‚für immer‘, sondern als Sprungbrett für eine Führungsposition im Konzern. Das war bei mir nicht anders. Ich war Projektleiterin und habe dann die Möglichkeit bekommen, im Konzern Executive-Positionen zu belegen. Danach kam ich zurück zu DHL Consulting.
Aber normalerweise ist es so, dass Sie Talente gewinnen und ausbilden, um sie dann in den Konzern zu bringen.
Müller: Das gelingt uns auch super. Momentan sind 180 von 300 Alumnis im Konzern.
Beraten Sie ausschließlich Deutsche Post DHL?
Müller: Wir beraten zu 20 Prozent unseres gesamten Umsatzes externe Kunden beziehungsweise Kunden des Konzerns. Wir nennen das semi-extern. Das sind Kunden, die mit einer Einheit des Konzerns Business machen oder für die arbeiten. Wir helfen ihnen, die Supply-Chain zu optimieren und sehen uns die Strategie der Logistikbereiche an.
„Wir haben engen Kontakt zu den Vorständen und wissen, welche großen Themen kommen.“
Sabine Müller, CEO und Global Head bei DHL Consulting
Das könnte zum Beispiel ein Kunde wie Roche oder Otto sein?
Müller: Genau. Wir haben mit der reinen internen Beratung angefangen und haben dann festgestellt, dass es für unsere zukünftigen Führungskräfte hilfreich ist, mit unseren Kunden gearbeitet zu haben, bevor sie eine Führungsposition annehmen. So entsteht ein viel besseres Verständnis für Probleme der Kunden und interne Schwierigkeiten.
Es gibt auch externe Beratungen, die Deutsche Post DHL beraten. Befinden Sie sich mit denen teilweise in Pitches?
Koch: Die klassische Pitch-Situation, in der eine Beratung nach der anderen antritt und ihre Präsentation hält – die gibt es, aber persönlich habe ich sie noch nicht erlebt. Wir haben schon Proposals für Projekte abgegeben und wussten, dass noch andere Beratungen im Rennen sind. Ich habe aber noch nicht aktiv gegen diese Beratungen gepitcht.
Müller: Wir sind relativ etabliert, haben herausragende Projektergebnisse abgeliefert und einen hervorragenden Zugang zu den Vorständen. Außerdem sind wir eng an den Kunden dran, indem wir regelmäßige Visits oder Sales-Besuche machen. Ich bin bei Strategie-Meetings und Top-Executive-Meetings des Konzerns dabei. Ich weiß also ganz genau, wo die Prioritäten liegen und welche großen Themen kommen.
Wie direkt arbeiten Sie mit dem Konzernvorstand zusammen?
Müller: Wir arbeiten ganz direkt mit den Top-65-Führungskräften unter dem Vorstand zusammen, von denen ich eine bin. Mit dem Vorstand arbeiten wir ab und an. Frank Appel, der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Post DHL Group, ist mein Chef. Ich sehe ihn jeden zweiten Monat zum Jour-Fix. Ansonsten hängt das von den Projekten ab.
„Diversity ist uns sehr wichtig.“
Sabine Müller, CEO und Global Head bei DHL Consulting
In der Zusammenarbeit mit DHL Consulting bemerken wir immer, dass Englisch bei Ihnen Firmensprache ist. Unterhalten Sie sich dann in Meetings auf Englisch?
Koch: Wenn nur deutschsprachige Mitarbeiter in einem abgeschlossenen Raum sitzen, unterhalten wir uns auf Deutsch. Sobald einer dabei ist, der nicht Deutsch spricht, sprechen wir Englisch. Wenn sich Deutsche auf dem Flur unterhalten, tun sie das meistens auf Englisch, damit die anderen nicht das Gefühl haben, aktiv ausgegrenzt zu werden. Wir haben im Konzern aber auch deutsche Kunden, für die wir Präsentationen ausschließlich auf Deutsch erstellen.
Müller: Diversity ist uns sehr wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass es die Ergebnisse und die Kreativität deutlich verbessert, wenn man gemischte Teams hat, sowohl bezüglich der Geschlechterverteilung als auch in Bezug auf Nationalitäten und Studienhintergründe. Außerdem ist die Konzernsprache Englisch, weil wir in 220 Länder liefern.
Wenn man bei DHL Consulting arbeitet, genießt man dann alle Vorteile, die ein Konzern bietet? Stichwort Altersvorsorge oder Kinderbetreuung.
Koch: Der Konzern hat viele Kooperationspartner, auf deren Service wir als Tochterfirma der Deutschen Post DHL zugreifen können. Wir haben unter anderem eine Anlaufstelle für Eltern mit Kindern und arbeiten mit dem PME-Familienservice zusammen, der Kindertagesstätten in Bonn und exklusive Betriebs-Kindertagesstätten für den Konzern betreibt. Ebenso gibt es einen Backup-Service, an den ich mich wenden kann, wenn mein Kind kurzfristig krank wird und ich einen Termin habe. Ich selbst habe drei Kinder und weiß diese Dinge sehr zu schätzen.
Haben Sie auch Teilzeit in Anspruch genommen?
Koch: Ja, ich arbeite Teilzeit.
Wie viel arbeiten Sie denn?
Koch: Ich arbeite 85 Prozent. Für mich wird es dadurch leichter, das Büro an zwei Tagen pro Woche deutlich eher zu verlassen als meine Kollegen. Teilzeit zu arbeiten, erlaubt mir flexibel zu sein. Ich möchte meine Kinder vom Ballett oder der Leichtathletik abholen können und dabei sein, wenn etwas Besonderes ansteht.
Geht das denn so einfach?
Koch: Das hängt vom Job-Level ab. Als Partner ist mein Kalender planbarer, als der eines Projektleiters. Wenn der Kunde sagt ‚Kannst du mir nochmal die Charts schicken?‘, ist es schwierig zu sagen: ‚Es ist drei Uhr. Ich muss jetzt weg.‘ Es gibt bei uns auch Projektleiter, die Teilzeit arbeiten. Das muss nur von Anfang an gegenüber dem Kunden und dem Team kommuniziert werden. Man kann sich trotzdem nicht darauf verlassen, dass man jeden Tag um drei Uhr gehen kann. Wenn ich Teilzeit arbeite, muss ich ein Netzwerk haben, dass es mir ermöglicht, an Meetings teilzunehmen, die außerhalb meiner Kernarbeitszeiten liegen und mir abends meine Arbeits-Mails anschauen.
„Wegen der Flexibilität bin ich zu DHL Consulting zurückgekommen.“
Jana Koch, Partner bei DHL Consulting
Was würden Sie sagen, wie familienfreundlich sind die Arbeitsmodelle?
Koch: Die Flexibilität ist einer der Gründe, weshalb ich zu DHL Consulting zurückgekommen bin. Unsere Teams können individuell auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen, was in der Linienfunktion in dem Maße nicht immer möglich ist.
Lassen Sie uns über Geld reden! Werden Sie wie bei vielen externen Beratungen am Erfolg beteiligt?
Müller: Wir haben das ganz normale Vergütungssystem, das der Konzern auch hat. 50 bis 70 oder 80 Prozent unseres Gehalts sind fix und zwischen 20 bis 50 Prozent sind variabel. Die Prozente hängen vom Joblevel ab.
Wenn man extern auf Partnerniveau arbeitet, hat man einen ganz schönen Umsatzdruck. Man muss die Projekte reinholen, damit das Team arbeitet. Ist das bei Ihnen genauso?
Müller: Wir müssen verkaufen, aber die Partner haben wahrscheinlich nicht den Druck wie bei einer externen Beratung. Wir müssen so viele Projekte akquirieren, dass unsere Mitarbeiter beschäftigt sind. Haben wir viele Berater, müssen wir sehr stark verkaufen – und dennoch achten wir darauf, spannende, herausfordernde Themen an Land zu ziehen.
Stichwort neue Mitarbeiter. Welche Fachbereiche suchen Sie besonders?
Müller: Wir stellen über 85 Prozent unserer Mitarbeiter direkt nach dem Studium ein und suchen pfiffige, aufgeweckte, analytisch gute Mitarbeiter. Beim Einstieg muss man noch keine Logistikvorerfahrung oder Consulting-Wissen haben. Es ist wichtig, dass jemand methodische und inhaltliche Fähigkeiten mitbringt. Der Studiengang ist dafür nicht entscheidend.
Koch: Die restlichen 15 Prozent unserer Mitarbeiter bilden Seniors, die wir meistens über Headhunter von anderen Beratungen abwerben.
Klauen Sie etwa bei anderen externen Beratungen?
Koch: Mitarbeiter oder Ideen?
Beides.
Koch: Klar, ja. (lacht)
Wie lange bleibt ein Berater durchschnittlich bei DHL Consulting?
Müller: 2,6 Jahre, also knapp drei. Wir haben im Schnitt eine Fluktuation von 30 Prozent. Ungefähr 25 bis 30 Prozent der Mitarbeiter verlassen uns jedes Jahr, davon gehen 70 bis 80 Prozent in den Konzern.
2,6 Jahre. Das ist kurz im Vergleich. Bei anderen Inhouse-Consulting-Einheiten liegt der Schnitt bei ungefähr vier Jahren.
Müller: Wir entwickeln junge Talente in den Konzern. Dass man lange Consultant bleibt, ist nicht die Regel.
„Mit Bonn, Miami, Singapur und Shanghai bieten wir attraktive Standorte für Office-Exchanges.“
Jana Koch, Partner bei DHL Consulting
Kann man auch an den anderen Standorten im Ausland arbeiten?
Müller: Ja. Es werden regelmäßig Stellen in unseren anderen Offices ausgeschrieben, wodurch Leute den Office-Standort wechseln. Unsere Beraterin Adina Constantin hat zum Beispiel in Bonn angefangen und arbeitet jetzt aus Miami (Anmerk. d. Red.: junior//consultant Ausgabe 3-2016). Außerdem bieten wir sogenannte Office-Exchanges an, eine Art Schüleraustausch für Berater: Drei Monate lang tauscht ein Berater aus dem europäischen Office seinen Arbeitsplatz mit einem aus Miami oder Singapur.
Ist das beliebt?
Koch: Diese Option ist äußerst beliebt und wird gerne genutzt. Wir haben mit Bonn, Miami, Singapur und Shanghai auch sehr attraktive Standorte.
Wie ist das bei Ihnen? Sind Sie viel unterwegs?
Müller: In meiner Rolle als CEO bin ich relativ viel unterwegs, aber nicht von Montag bis Freitag und das auch nicht jede Woche. Ich bin froh, wenn ich abends laufen gehen und im eigenen Bett schlafen kann.
Sie haben nicht die klassischen Beraterwochen, Montag bis Donnerstag in Bad Driburg oder einem anderen Ort, den man erst googeln muss?
Koch: Nein, der Großteil unserer Projekte findet hier in der Konzernzentrale statt. Wir haben auch Projekte, bei denen der Kunde im Ausland sitzt. Dann muss man vielleicht in wichtigen Phasen eine Woche vor Ort sein. Aber das ist nicht die Regel.
„Hier hat man immer einen Ansprechpartner – der sich auch um die Karriereentwicklung kümmert.“
Jana Koch, Partner bei DHL Consulting
Was ist das Besondere an DHL Consulting?
Koch: Wir haben einen ganz eigenen Spirit bei uns. Das ist einer der Gründe, weshalb ich zurückgekommen bin. Wir arbeiten sehr teamorientiert. Die Kollegen werden schnell zu Freunden. Hier entstehen echte Freundschaften – die Leute fahren zusammen in den Urlaub. Teamfit ist uns besonders wichtig, weshalb auch Mitarbeiter zukünftige Kollegen rekrutieren. Wenn jemand sagt: ‚Ich kann mir nicht vorstellen, mit dem zu arbeiten‘, dann ist das für uns ein Grund, noch einmal kritisch darüber nachzudenken, ob wir den Bewerber einstellen oder nicht.
Mentoring ist uns ebenfalls wichtig. Jeder Mitarbeiter hat einen Personal-Developer (PD) auf Partnerlevel. Als PD bin ich für die Karriereentwicklung meiner PD-Kids, wie wir sagen, zuständig. Wir haben regelmäßige Career-Development-Talks und fragen: Wo möchtest du hin? Wie können wir dich dabei unterstützen? Mit welchem Training, mit welchen Projekten? Man hat immer einen Ansprechpartner, man hat immer das Gefühl, da ist jemand, der kümmert sich um meine Karriere. Das nehmen wir sehr ernst.
Jana Koch hat in Münster BWL mit dem Schwerpunkt Marketing studiert und stieg 2002 bei DHL Consulting ein. 2005 erfolgte der Wechsel in den Konzern, wo sie als Führungskraft unter anderem in den Bereichen DHL Freight, Sales und DHL Global Forwarding tätig war. 2012 kehrte Koch dann zu DHL Consulting als Partner zurück.
Sabine Müller ist CEO und Global Head von DHL Consulting. Sie startete 1998 nach ihrem BWL-Studium bei Deutsche Post Consult International, einer Vorgängereinheit von DHL Consulting und wechselte als Projektleiterin 2003 in die Linie. Als Vice-President übernahm Müller den Bereich Konzernorganisation und wechselte 2007 zurück zu DHL Consulting.