Branchentalk: BDU-Präsident Hans-Werner Wurzel im Interview
Hans-Werner Wurzel ist seit 2015 der neue Präsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU). Sein Ziel: Den BDU noch mehr zum Aushängeschild für erfolgreiche Beratungsunternehmen zu machen und die Chancen zu nutzen, die die Digitalisierung der Branche bietet. junior//consultant verriet er außerdem, was junge Akademiker mitbringen sollten, um in diesem Berufsfeld ihr Glück zu finden.
Herr Wurzel, Sie sind bereits seit 1987 als Unternehmensberater tätig. Wie hat sich denn aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren die Unternehmensberatungsbranche verändert?
Wir sind jetzt in einem viel reiferen Markt unterwegs. Die Ansprüche unserer Kunden steigen signifikant und der Wettbewerb ist intensiver. Die Erwartungshaltung ist deutlich gestiegen, sowohl, was die Qualität der Mitarbeiter angeht, die die Projekte betreuen, als auch, was die Professionalität der Auftragsabwicklung betrifft. Aber das ist durchaus ein ganz normaler Vorgang, in der Wirtschaft erleben wir generell einen stärkeren Wettbewerb. Und: Beratungskunden legen jetzt mehr Wert auf Umsetzung, als es früher der Fall war.
„Unternehmensberatungen partizipieren und profitieren in besonderem Maße von der Digitalisierung.“
Hans-Werner Wurzel, BDU-Präsident
Erfordert das eigentlich auch einen anderen Berater-Typus?
Was Unternehmensberatungen brauchen, sind neugierige Menschen, die bereit sind, sich auf Anforderungen von Kunden einzulassen. Die in der Lage sind, Ergebnisse auch so zu vermitteln, dass der Kunde damit umgehen kann und die neben einem Spezialgebietswissen auch die Fähigkeit haben, diese Expertise in einen weiteren Kontext zu stecken. Das war vor 30 Jahren auch schon so. Was deutlich an Anforderungen zugenommen hat, ist die Internationalität. Englisch ist keine Fremdsprache, um es mal so schlicht zu sagen. Das wird gar nicht mehr nachgefragt, ob Sie Englisch können. Doch die Bewerber von heute haben generell viel mehr internationalen Background als die Bewerber von vor zehn Jahren.
Und in die Zukunft blickend: Wie wird sich die Branche in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Unsere Branche ist schon in den letzten Jahren stärker gewachsen als die gesamte Volkswirtschaft, ein Trend, der sich wohl fortsetzen wird. Viele Firmen fokussieren sich auf ihre Kernkompetenzen und kaufen die Dienstleistungen zu, die andere besser machen. Von diesem Trend partizipieren und profitieren die Unternehmensberatungen in besonderem Maße. Unsere Kunden stehen im Zeitalter der Digitalisierung vor ganz großen Transformationen. Die Änderungen, die durchgeführt werden müssen, sind mit Bordmitteln schwieriger zu erreichen, weswegen noch zusätzlicher Bedarf an Beratungsleistung existiert.
Ein weiterer Trend ist die Globalisierung, wobei sich diese beiden Faktoren gegenseitig beeinflussen. Denn alles, was Sie digital gestalten können, ist ja dann global verfügbar.
Die digitale Transformation betrifft aber auch die Beratungsbranche selbst.
Ja, das ist momentan wirklich das beherrschende Thema. Viele Unternehmensberatungen befassen sich damit sehr intensiv und offensiv, bauen Kompetenzcenter und Digital Labs auf oder zeigen Kunden in Showrooms, was mit digitaler Technik alles möglich ist.
Sie sind seit diesem Jahr der Präsident des BDU. Was haben Sie vor in Ihrer Amtszeit, was sind die Ziele?
Wir wollen als Verband deutlicher auftreten als Vertreter unserer Branche. Das Ziel ist sicherzustellen, dass der Berufsstand des Beraters so gut wahrgenommen wird, wie es sich gehört. Wir wollen, dass die Öffentlichkeit ein vernünftiges Bild davon vermittelt bekommt, was wir an Mehrwert für unsere Kunden leisten. Das ist wichtig für unsere Verbandsmitglieder, die Branche und die Kunden. Und natürlich auch wichtig für Studierende, die Berufsorientierung suchen.
Was machen Sie, um Studierende zu erreichen und sie direkt anzusprechen?
Wir beteiligen uns an Vorlesungen und Symposien und kooperieren beispielsweise mit dem BDSU, um den Austausch mit den studentischen Unternehmensberatungen auszubauen.
Wir laden Mitglieder zu unseren Kongressen ein und sind beim BDSU-Kongress eben auch als BDU vor Ort mit dabei. Und haben ein ganz neues Projekt auf unserer Internetseite: Die Praktikumsbörse. Studenten und Absolventen können ihre Praktikumswünsche in dieses System einstellen und beschreiben, welche Art von Praktikumsplätzen sie suchen – Strategieberatung, Organisationsberatung, Human-Ressource-Beratung, was auch immer. Interessierte Beratungsunternehmen können dann direkt auf die entsprechenden Personen zugehen.
„Wenn jemand schnell viel lernen möchte, dann ist die Beratung die richtige Adresse.“
Hans-Werner Wurzel, BDU-Präsident
Wie viele Unternehmensberatungen erreicht dann so ein Praktikumsgesuch?
Rund 500 Unternehmen sind Mitglied bei uns, bei ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und Unternehmensgrößen. Wir bilden also einen sehr guten Marktquerschnitt.
Gibt es etwas, was Sie Studenten und Absolventen gerne vermitteln möchten? Etwas, was Ihnen besonders wichtig ist?
Für mich ist wichtig, dass die Studierenden die Unternehmensberatung als idealen Weg in die Berufstätigkeit verstehen, weil die Lernkurve in der Unternehmensberatung ganz besonders hoch ist. Hier bekommt man schnell und marktübergreifend ein Gesamtbild der Wirtschaft, was in anderen Branchen und Tätigkeiten fast nicht möglich ist.
Wenn jemand also sagt: Ich möchte schnell viel lernen, schnell Verantwortung haben, schnelle Wirkung erzeugen, dann ist die Unternehmensberatung die beste Wahl. Und die Tätigkeit an sich ist ja auch toll! Neue Umgebungen und unterschiedliche Menschen kennenzulernen, immer neue Herausforderungen, die berühmte steile Lernkurve zu erleben. Ich glaube, wenn man einmal Blut geleckt hat, dann kommt man auch wieder zurück in die Unternehmensberatung, selbst wenn man mal zwischendrin etwas anderes gemacht hat. Ich selbst bin nie weggegangen. Mir macht das immer noch jeden Tag Spaß. Okay, jeden Tag ist übertrieben, aber das ist einfach ein toller Beruf.
Hans-Werner Wurzel, BDU
BDU-Präsident Hans-Werner Wurzel ist Geschäftsführungsmitglied der BearingPoint GmbH und seit über 25 Jahren in der Beratungsbranche tätig mit Erfahrungen insbesondere in Transformationsprojekten. Im Mittelpunkt seiner Präsidiumstätigkeit steht die Strategie und Kommunikation des Verbands.
Bild: obs/BDU Bundesverband Deutscher