Public Sector Consulting: Bianca Neumaier von der BwConsulting im Interview
„Die Bundeswehr hat eine Inhouse-Beratung?“ fragen viele überrascht, die zum ersten Mal auf die BwConsulting stoßen. Ja, hat sie, organisiert als bundeseigene Gesellschaft. Und seit September 2019 arbeitet hier Bianca Neumaier als Consultant. Es ist ihre erste Anstellung nach ihren Studienabschlüssen in General Management an der EBS Business School sowie International Affairs an der Hertie School. Wir unterhielten uns mit der 25-jährigen gebürtigen Niederbayerin über ihr Interesse an Public Sector Consulting, ihre bisherigen Erfahrungen und besondere Momente.
Weil wir gerade in sehr besonderen Zeiten leben: Wie geht es dir und wie erlebst du deinen Job in Corona-Zeiten?
Erfreulicherweise bin weder ich noch sonst jemand aus meinem Familien- oder Kollegenkreis vom Corona-Virus betroffen – von daher kann ich nicht klagen. Seit März arbeite ich von daheim. Ausgestattet mit Notebook und Smartphone funktioniert das technisch gut, auch inhaltlich und methodisch habe ich mich inzwischen darauf einstellen können. Natürlich mussten wir sowohl im Team als auch mit den Projektpartnern aus Verteidigungsministerium und der Bundeswehr erstmal einen neuen Rhythmus finden, weg von physischen Terminen hin zu virtuellen Treffen via Videokonferenzen. Am meisten fehlen die kurzen Gespräche zwischen Tür und Angel, in denen Projektfragen schnell koordiniert werden können oder wir uns einfach mal persönlich austauschen.
Doch um der Situation auch etwas Positives abzugewinnen: Bei der Anwendung von digitalen Werkzeugen und virtuellen Kommunikationsformaten bin ich heute sicher weiter als im Februar, wir probieren vieles aus. Das bereitet echt Freude!
Du hattest schon vor der Corona-Pandemie deinen Einstieg bei der BwConsulting und konntest daher bereits auch erste Erfahrungen in „normalen“ Zeiten sammeln. Was hat dich dazu getrieben, bei der Inhouse-Beratung der Bundeswehr zu arbeiten?
Auf der einen Seite war mein Interesse an Sicherheits- und Verteidigungspolitik ausschlaggebend, das mich durch mein gesamtes Studium begleitet hat. Dieser Schwerpunkt hat sich für mich auch bei einer Werksstudententätigkeit in der externen Beratung des Public Sectors bestätigt. Auf der anderen Seite wollte ich definitiv eine Tätigkeit mit besonderem Sinn verfolgen: Ich bin sicher nicht der Prototyp „Weltverbesserer“, aber mir ist beispielsweise durch längere Aufenthalte in Asien – hier habe ich eine Zeit bei einer NGO mitgearbeitet – deutlich geworden, dass ich diesen Sinn eher in politischen Handlungsfeldern als in verbessertem Shareholder Value finde. Bei der BwConsulting sehe ich diese Interessen und meine interdisziplinäre Ausbildung ziemlich ideal verschmolzen.
Aber als junge Frau die Männerdomäne Bundeswehr beraten – wie geht das denn?
Das geht sehr gut! Um es vorwegzunehmen: Der Anteil an Kolleginnen hier im Unternehmen ist mit 44 Prozent recht hoch und auch auf Seiten der Projektpartner gibt es viele Frauen, sowohl in Uniform als auch in Zivil. Die Akzeptanz von Beratung erlebe ich definitiv nicht als Geschlechterfrage, hier geht es um Kompetenz. Zudem bin ich überzeugt, dass diverse Teams – nicht nur basierend auf das Geschlecht – im Zweifel zu erweiterten Lösungsansätzen kommen.
Die BwConsulting ist eine Management-Beratung, wir machen keine militärische Operationsplanung, sondern Projekte, die durch das Verteidigungsministerium priorisiert werden
Wobei berätst du aktuell? Malst du Manöverkarten in Powerpoint?
(lacht): Ich glaube, ich muss zunächst einmal ein Bild zurechtrücken. Die BwConsulting ist eine Management-Beratung, wir machen keine militärische Operationsplanung oder etwas in dieser Richtung. Die Kolleginnen und Kollegen haben überwiegend einen beruflichen Hintergrund in Wirtschafts- und Beratungsunternehmen und wir sind keine Soldaten oder Beamte, sondern in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis. Wir beraten Projekte, die durch die Leitung des Verteidigungsministeriums priorisiert werden. Unsere Beratungsthemen sind beispielsweise Steuerungsstrukturen, Organisationsentwicklung oder Projektmanagement.
Aktuell bin ich in einem großen Projekt eingesetzt, mit dem die Einsatzbereitschaft militärischen Materials nachhaltig verbessert werden soll – die Medien berichten ja häufiger über dieses Thema, manchmal finde ich auch etwas unausgewogen, denn wenn man sich mit den Details auseinandersetzt, stellt man schnell eine enorme Komplexität fest. Mein Projektalltag ist geprägt durch engen Austausch mit den Projektpartnern in Ministerium und Bundeswehr beispielsweise bei Vor- und Nachbereitung von Workshops, durch Recherchen für konzeptionelle Dokumente oder auch der Abstimmung von Inhalten mit anderen Projektteilen.
Hattest du dabei schon besondere „Beratungsmomente“, die dir in Erinnerung bleiben werden?
Durch einen Ausfall im Team hatte ich im November – also gerade mal acht Wochen nach meinem Start – sehr spontan erstmals einen Kundentermin alleine durchführen und nachbereiten müssen. Das Thema war nicht einfach und mir wurde erst im Nachhinein bewusst, wie viel Verantwortung ich in dem Moment für den Inhalt, aber auch für die Reputation des Teams hatte. Über das positive Feedback habe ich mich natürlich sehr gefreut – mehr noch aber über das Vertrauen, das mein Projektleiter in mich gesetzt hatte. Denn ich wusste zwar, dass diese Kultur des Ver- und Zutrauens bei der BwConsulting existiert, hier habe ich sie aber erlebt.
Wie wirst du denn auf deine Aufgaben vorbereitet?
Dies geschieht auf drei Ebenen. Erstens gibt ein Trainingscurriculum für alle Consultants, abgestimmt auf den jeweiligen Erfahrungshintergrund. Mir werden hier in internen und externen Schulungen sowohl die Grundlagen unseres Beratungsansatzes vermittelt – beispielsweise die Durchführung strategischer Analysen – als auch klassische Basic Skills wie Moderation und Präsentation.
Zweitens gibt es für die persönliche Weiterentwicklung ein Mentoring-System, in dem mich ein erfahrener Kollege begleitet und sehr offen mit mir über meine Stärken und Schwächen spricht. Darauf aufbauend entwerfen wir gemeinsam einen Entwicklungsplan.
Drittens lerne ich sehr viel durch den Austausch zwischen den Consultants – es gibt zum Beispiel regelmäßig Brown Bag Sessions, in denen Kolleginnen und Kollegen über ihre Projekte und besondere Herausforderungen berichten – , durch Begleiten meiner erfahreneren Teammitglieder und einfach durch das „Machen“. Recht froh bin ich über unsere Fehlerkultur, die wertschätzend mit Fehlern umgeht nach dem Motto: Was hast du daraus gelernt und wirst du beim nächsten Mal anders machen?
Jetzt hast du bereits zwei Mal eure Kultur erwähnt. Was zeichnet sie aus deiner Sicht besonders aus?
Gar nicht so einfach, dies in Kürze zu beschreiben. Ich glaube, ganz viel lässt sich mit dem Begriff „open minded“ ausdrücken: Wir gehen sehr offen und unkompliziert miteinander um, es gibt eine Du-Kultur über alle Ebenen hinweg. Ellenbogenmentalität sehe ich an keiner Stelle, vielmehr Neugier und den Drang, sich auszutauschen. Die Kommunikation erlebe ich als transparent, sowohl im direkten Gespräch mit Teamleiter und Kollegen als auch durch die Führung an das gesamte Unternehmen. Was mir besonders gefällt: Als Inhouse-Beratung lässt sich die BwConsulting von der Linie „stay and grow“ statt „up or out“ leiten, um die für eine interne Beratung notwendige Systemkenntnis aufzubauen. Das kommt meinem Verständnis von guter Beratung sehr entgegen.
Bianca Neumaier, BwConsulting
Bianca Neumaier, 25 Jahre, studierte General Management an der EBS Business School sowie International Affairs an der Hertie School of Governance, das sie 2019 mit dem Master abschloss. Im September stieg sie als Consultant bei der BwConsulting in Berlin ein.