Helen Dietrich wechselte von thyssenkrupp Schulte zu thyssenkrupp Management Consulting (TKMC)
Der Wechsel in die Linie war früher die Regel im Inhouse Consulting. Maximal drei Jahre Inhouse-Consultant, dann musste die Veränderung her. Dieser Weg war früher eine Einbahnstraße, mittlerweile erlebt man immer häufiger die Durchlässigkeit in die Gegenrichtung. Helen Dietrich wechselte von der thyssenkrupp-Tochter Schulte zu thyssenkrupp Management Consulting und ist mittlerweile seit vier Jahren dort. David Lins sprach mit der 32-Jährigen über ihre Beweggründe, die Projekte und das Besondere an der Arbeit bei einer Group of Companies.
Frau Dietrich, früher hieß es oft, Inhouse sei das Sprungbrett für die Konzernkarriere. Mittlerweile erlebt man immer häufiger auch den Wechsel ins Consulting wie bei Ihnen. Wie kam es in Ihrem Fall dazu?
Für mich war nach drei Jahren im Konzern ein Punkt erreicht, an dem ich mich beruflich weiterentwickeln wollte. Bei meinem Einstieg bei thyssenkrupp Schulte war klar, dass die Tätigkeitsfelder auf Deutschland begrenzt sein würden. Ich wollte aber gerne einen internationalen Bezug bei meiner Arbeit haben. Da ich mich mit thyssenkrupp verbunden und mich im Unternehmen gut aufgehoben fühle, wollte ich gerne intern wechseln.
Wichtig für meine nächste Position waren für mich drei Punkte: Internationalität, Projektarbeit und eine klare Entwicklungsperspektive. Diese drei Kriterien konnte thyssenkrupp Management Consulting für mich am besten vereinen.
Gab es denn früher schon Berührungspunkte mit dem Consulting?
Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was mich in der Beratungswelt erwartet. Für mich spielte Consulting keine Rolle, als ich mich nach der Uni orientiert habe. Ich denke, das liegt daran, dass ich nicht an einer klassischen Zieluniversität studiert habe, an der die großen Beratungen ihre Events durchführen und zum anderen, dass ich in meinem privaten Umfeld keinen Kontakt zu Berater:innen hatte.
Mein Bild war dann eher durch Vorurteile geprägt, die ich in meinem Umfeld mal aufgeschnappt hatte – Berater:innen sind junge hochnäsige Schnösel, die sich für was Besseres halten, kommen in ihren Anzügen und Kostümen daher, wollen mir erklären, wie ich meine Arbeit zu machen habe und haben selber noch nie eine Baustelle oder ein Werksgelände betreten. Zum Glück wurde ich bezüglich meiner Vorurteile eines Besseren belehrt, was ich schon bei meinen Bewerbungsgesprächen und in den Gesprächen mit den neuen Kolleg:innen zwischen den Interviews feststellen konnte.
Der internationale Bezug fehlte mir bei der ersten Stelle – ich wusste jedoch, dass ich diesen in weiteren Stationen in der Unternehmensgruppe realisieren kann
Wenn man Leute fragt, warum sie sich thyssenkrupp angeschlossen haben, geht es oft um regionale Nähe und eine gewisse Ruhrpottromantik. Das kann bei Ihnen eher nicht der Grund dafür sein, dass sich viel thyssenkrupp in Ihrem Lebenslauf findet. Von daher: Warum eigentlich thyssenkrupp?
thyssenkrupp ist mir schon als Kind „begegnet“. Ich komme aus einem kleinen Ort, in dem thyssenkrupp Cement als großer Arbeitgeber präsent war. Für mich stand thyssenkrupp deshalb weniger für Aufzüge und Stahl als für Anlagenbau. Für meinen Berufseinstieg war das allerdings nicht ausschlaggebend.
Ich wollte mich nach dem Studium noch nicht festlegen, in welche Abteilung eines Unternehmens es einmal für mich geht. Mir war deshalb wichtig, dass ich einen Einstieg finde, bei dem ich verschiedene Facetten eines Unternehmens kennenlernen kann und bei dem ich eine Perspektive für weitere Entwicklungsschritte innerhalb des Unternehmens habe.
Als ich die Stelle als Trainee bei thyssenkrupp gefunden habe, war ich mir nach dem Assessment Center sicher, dass das passen kann. Deshalb habe ich für den Einstieg auch in Kauf genommen, dass der internationale Bezug bei der Stelle fehlt, weil ich wusste, dass ich diesen in weiteren Stationen in der Unternehmensgruppe realisieren kann.
In der Group of Companies übernehmen die einzelnen Unternehmen eine größere unternehmerische Verantwortung und ihnen wird mehr Eigenständigkeit zugesprochen
Sie haben von thyssenkrupp nun schon verschiedene Gesellschaften kennengelernt. Gibt es eigentlich „den Konzern“ überhaupt (noch) in der jetzigen Group of Companies?
thyssenkrupp ist sehr facettenreich, manche würden sagen kompliziert und undurchsichtig. Für uns bei TKMC ist es ein Vorteil, dass wir den Konzern, oder wie es jetzt heißt, die Unternehmensgruppe, aus verschiedenen Dimensionen kennenlernen.
Als ich bei thyssenkrupp gestartet bin, gab es noch den thyssenkrupp Konzern und das Ziel, ein führender Industriekonzern zu sein. Mittlerweile wurde die Elevator-Sparte verkauft, also das Aufzugs- und Fahrtreppengeschäft, und kürzlich die Veräußerung des Mining- und des Infrastructure-Business kommuniziert. Die Strategie hat sich gewandelt, hin zu einer Group of Companies, in der die einzelnen Unternehmen eine größere unternehmerische Verantwortung übernehmen und ihnen mehr Eigenständigkeit zugesprochen wird.
Was eint die Gesellschaften – außer dem Namen?
Vom Prinzip sind die Gesellschaften alle ähnlich aufgestellt. Es gibt eine zentrale Service-Einheit, die für alle Gesellschaften tätig ist. Auch die IT Struktur wird bei thyssenkrupp zentral gesteuert und geregelt. Trotzdem steht jedes Geschäft natürlich individuellen Herausforderungen gegenüber. Das liegt am Produkt, am Marktumfeld und so weiter.
Häufig können wir in der Beratung aber Erfahrungen aus einem Projekt in andere Projekte übertragen. Das breite Netzwerk, das wir haben, ermöglicht es uns, auch mal auf dem kurzen Dienstweg eine Frage zu klären oder verschiedene Kolleg:innen an einen Tisch zu holen. Es gibt auch einige Kunden, die wir bei ihren internen Wechseln innerhalb von thyssenkrupp begleiten und in ihrer neuen Funktion dann wieder in Projekten begegnen. Das kommt immer wieder vor. Die gesamten Mitarbeiterbenefits, besonders die gute betriebliche Altersvorsorge, über die man sich beim Einstieg ja selten Gedanken macht, sind ein Vorteil, den es sicherlich nur durch die Konzerninfrastruktur in der Form gibt.
Wir haben das Steel Segment aus dem thyssenkrupp Konzern herausgelöst und weitestgehend unabhängig aufgestellt
Sie sind bei TKMC in den Segmenten Components Technology, Industrial Solutions, Materials Services, Steel und Corporate tätig gewesen. Abgesehen davon, dass der Job wohl ziemlich abwechslungsreich ist – können Sie diese abstrakten Begriffe exemplarisch mit Leben füllen und über ein, zwei Projekte näher reden?
Sehr gerne. Ein sehr einprägsames Projekt, auf dem ich sehr viel gelernt habe, war ein Projekt bei Steel. Das Steel Segment trägt im Namen genau das, was es macht: Hier wird Stahl produziert. In Duisburg haben wir ein Werksgelände, welches die fünffache Größe von Monaco misst und mit etlichen Schienenkilometern ausgestattet ist.
Einige der Leser:innen werden in den Nachrichten gelesen haben, dass thyssenkrupp Steel mit Tata Steel Europe ein Joint Venture, kurz JV, eingehen wollte. Wir von TKMC haben bei der Vorbereitung des JV unterstützt. Konkret habe ich in der Due Diligence und der Carve-out Vorbereitung geholfen. In der Due Diligence geht es darum, dass die Unternehmen sich gegenseitig überprüfen, ohne dabei wettbewerbswidrige Informationen zu erhalten oder Absprachen tätigen zu können.
Das war für mich sehr spannend, da ich einen solchen Prozess zum ersten Mal begleitet habe. Hier sind auch viele externe Parteien wie Banken und Anwälte involviert. Nach der Due Diligence wird der Carve-out vorbereitet. Das heißt, wir haben das Steel Segment aus dem thyssenkrupp Konzern herausgelöst und weitestgehend unabhängig aufgestellt. Dabei wird in allen Bereichen geschaut, welche Verknüpfungen es noch zum Mutterkonzern gibt und wie diese gelöst werden können. Das fängt beim internen Postservice an, geht über die gesamte IT-Infrastruktur, Prozesse und Tools und hört bei gemeinsam genutzten Gebäuden auf. Da ist wirklich einiges zu regeln.
Das Projekt newtk ist entstanden – das Ziel war es, thyssenkrupp schlanker aufzustellen
Dann war da unter anderem noch der Bereich Corporate …
Corporate ist unsere Unternehmenszentrale. Hier habe ich bei einem Reorganisationsprojekt unterstützt. Als 2019 das geplante Joint Venture durch die europäische Kommission abgesagt wurde, wurde die thyssenkrupp Strategie komplett neu betrachtet. Der Reset-Knopf wurde gedrückt und das Projekt newtk ist entstanden. Hier haben wir bei der Konzept- und Strategieentwicklung unterstützt.
Das Projekt war sehr breit aufgestellt – Corporate wurde betrachtet, die Serviceeinheiten, die Regionen und einzelne Segmente. Das Ziel war es, thyssenkrupp schlanker aufzustellen. Meine persönliche Rolle in dem Projekt war damals, als Senior Consultant das übergreifende PMO zu koordinieren. Es war wichtig, dass alle Workstreams voneinander wussten, was die anderen Teams machen, welche Überschneidungen es gibt und wo eine Abstimmung wichtig ist.
Für mich war es neu, mit internationalen Kolleg:innen zusammenzuarbeiten – und für ein Projekt durfte ich auch sechs Wochen nach Dubai
Wie hat sich durch den Wechsel vor vier Jahren die Art des Arbeitens für Sie geändert?
Die Art des Arbeitens hat sich für mich komplett verändert. In der Beratung wird schnell gearbeitet, der Projekteinsatz ist meistens für eine Dauer von drei bis sechs Monaten, manchmal auch neun bis zwölf Monate geplant. Bei einem Projekteinsatz von drei Monaten ist es natürlich wichtig, dass wir uns schnell in die Themen einarbeiten und Ergebnisse präsentieren.
Zudem war es für mich neu, dass ich auch mit internationalen Kolleg:innen zusammenarbeite. Zum einen haben wir bei der TKMC selber Kolleg:innen mit verschiedenen Nationalitäten von Brasilien bis Indien, zum anderen habe ich auf Projekten mit Kolleg:innen in den USA und China gearbeitet. Für ein Projekt durfte ich auch sechs Wochen nach Dubai. Das war eine tolle Erfahrung, auch wenn ich den Sommer nicht als Reisezeit für Dubai empfehlen kann …
Was haben Sie noch an Unterschieden wahrgenommen?
Im Beratungsgeschäft gibt es sehr klare Entwicklungspfade für die Mitarbeitenden und entsprechend regelmäßiges eng getaktetes Feedback. Natürlich gibt es diese Prozesse auch in der thyssenkrupp Gruppe, aber weniger stark ausgeprägt. Wir besprechen unsere Entwicklung und Performance quartalsweise mit unseren CDAs, den Career Development Advisors. Dabei geht es um den Rückblick auf die Projekt-Performance der letzten drei Monate, aber auch um den Ausblick, die Präferenzen und gegebenenfalls erforderlichen zusätzlichen Trainings neben dem ohnehin bereits sehr umfangreichen Trainingskatalog. Diese gezielte Unterstützung hat mir geholfen in kurzer Zeit große Entwicklungsschritte zu machen.
Natürlich will man jetzt vor allem nach vorne schauen, aber ich will die letzten anderthalb Jahre auch nicht ausklammern. Bei thyssenkrupp ging es ja relativ schnell und sehr lange ins Homeoffice. Können Sie diese Zeit einmal reflektieren?
Das ist richtig, was Sie sagen. Die Umstellung kam von einem auf den anderen Tag. Innerhalb kürzester Zeit haben unsere IT-Expert:innen es ermöglicht, dass wir alle mit Microsoft Teams ausgestattet waren, sodass die virtuelle Zusammenarbeit erleichtert wurde.
Ich muss sagen, dass die Umstellung wirklich gut funktioniert hat. Wir haben unsere Check-ins morgens einfach auf virtuelle Meetings umgestellt. Einige Kolleg:innen bei uns hatten bereits mehr Erfahrung mit MS Teams und haben ihr Wissen dann in einer internen Lern-Session mit den anderen TKMC-lern geteilt, was allen sehr geholfen hat. Auch unsere Kunden mussten natürlich ins Homeoffice wechseln und haben sich ebenfalls schnell an die neue Arbeitsweise gewöhnt. Besonders kreativ wurden wir natürlich was den virtuellen Erhalt des TKMC-Spirits angeht. Virtuelle Teamevents mit Quiz, Escape-Rooms, gemeinsame Kochabende, Weinverkostung und Bierprobe, eine gemeinsame Weihnachtsfeier, Fifa-Turniere … – der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt.
Einige neue Kolleg:innen kenne ich bisher nur virtuell, obwohl ich eng mit ihnen zusammengearbeitet habe
Wissen Sie schon, wie das zukünftig bei TKMC gehandhabt wird?
Da wir ein diverses Team sind, ist die Erfahrung mit dem Homeoffice natürlich unterschiedlich. Einige wollen gerne zukünftig weiterhin im Homeoffice arbeiten, andere können es gar nicht abwarten wieder ins Büro zu kommen.
Ich denke, eine gesunde Mischung wird sich in Zukunft einstellen – der zukünftige Arbeitsmodus wird derzeit durch interne Teams erarbeitet. Wir vermissen es alle, die Kolleg:innen mal wieder live zu sehen. Einige neue Kolleg:innen kenne ich bisher nur virtuell, obwohl ich eng mit ihnen zusammengearbeitet habe, das ist schon etwas merkwürdig, wenn man so darüber nachdenkt. Wir hoffen jedenfalls alle, dass wir bald eine Back-to-Office-Party feiern können, wenn die Umstände es zulassen.
Helen Dietrich, thyssenkrupp Management Consulting
Helen Dietrich, Jahrgang 1988, lernte thyssenkrupp bereits während ihres BWL-Studiums an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durch zwei Kurzpraktika bei der thyssenkrupp Polysius AG kennen. Nach dem Abschluss absolvierte sie zunächst ein Traineeship bei thyssenkrupp Schulte und stieg dort anschließend als Project Manager im Bereich Betriebs- und Prozessperformance sowie ProcessExcellence ein. Im Herbst 2017 folgte der Wechsel zu thyssenkrupp Management Consulting. Mittlerweile ist Helen Dietrich Project Manager und betreut Projekte unter anderem in den Segmenten Components Technology, Industrial Solutions und Materials Services. In der Freizeit spielt sie in einer Essener Mannschaft Handball, inlineskatet über die Fahrradtrasse nach Mülheim oder lauscht True-Crime Podcasts. Außerdem hat sie eine ausgeprägte Leidenschaft für Lakritz.