„Nachhaltigkeit? Eine persönliche Herzensangelegenheit!”
Der Weg zur Klimaneutralität ist alternativlos und auch Konzerne wie thyssenkrupp haben diesen steinigen Weg zu bewältigen. Marie-Therese Gaul von TKMC berichtet, welche neuen Pfade der Konzern bereits beschreitet und erklärt, warum ihr das Thema Nachhaltigkeit so am Herzen liegt – und welche besondere Position sie bei thyssenkrupp Management Consulting inne hat.
Der Konzern thyssenkrupp ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Von Stahl ist bekannt, dass er eine äußerst hohe Recyclingquote hat, aber die Verhüttung auf der anderen Seite jahrzehntelang sehr umweltbelastend ablief. Deshalb die Frage: Wie „grün“ ist aktuell der Stahl von thyssenkrupp?
Die Transformation zum grünen Stahl ist integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie von thyssenkrupp Steel Europe (tk SE). Ziel dabei ist es, unsere Stahlproduktion bis 2045 vollständig zu dekabonisieren. Die Technologie hierfür ist bereits bekannt: Wir setzen hier auf Direktreduktionsanlagen und die Nutzung von grünem Wasserstoff. Auch heute schon bietet tk SE mit der Marke bluemint® CO2-reduzierten Stahl an, zum Beispiel über den Schrotteinsatz im Hochofen.
Darüber hinaus hat tk SE in den letzten 40 Jahren durch Effizienzmaßnahmen die Emissionen bereits halbieren können. Die während der Produktion entstehenden Kuppelgase werden zudem in einem integrierten Hüttenwerk für die Befeuerung von Wiedererwärmungsöfen und für Stromerzeugung genutzt. Die energetische Nutzung dieser Gase spart den Einsatz von Primärbrennstoffen ein und leistet somit auch einen Beitrag zum Klimaschutz. Durch das Einspeisen von Abwärme in das regionale Fernwärmenetz sorgt tk SE außerdem dafür, dass Ressourcen möglichst effizient genutzt werden. In der Stahlherstellung anfallende Reststoffe und Nebenprodukte, wie Schlacken oder Begleitstoffe aus der Koksherstellung, sind zudem wichtige Vorprodukte für die Chemie- und Grundstoffindustrie und helfen auch hier Primärrohstoffe zu ersetzen und Ressourcen zu sparen.
In der thyssenkrupp Gruppe spielt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle – wir haben den Anspruch, unseren Beitrag zu einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft zu leisten
Natürlich ist thyssenkrupp nicht nur Stahlproduzent, sondern hat noch andere Eisen im Feuer. Welche Bereiche sind besonders in Hinblick auf Nachhaltigkeit zu nennen?
Innerhalb der Geschäftsbereiche der thyssenkrupp Gruppe spielt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Wir sehen uns hier nicht nur den zunehmend steigenden Anforderungen externer Stakeholder, wie zum Beispiel Kunden, Shareholder oder Gesetzgeber konfrontiert, sondern haben auch selbst den Anspruch, unseren Beitrag zu einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft zu leisten. Die grüne Transformation ist Teil unserer Unternehmensstrategie.
Mit unseren Produkten leisten wir bereits heute einen Beitrag zur grünen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. So liefert thyssenkrupp Rothe Erde beispielsweise Gleitwälzlager für Windkraftanlagen, während thyssenkrupp nucera Elektrolyseanalagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff herstellt. Mit diesen Produkten ist thyssenkrupp ein Teil der Energiewende. Im Automotive-Geschäft unterstützt thyssenkrupp den Wandel hin zur Elektromobilität und liefert unter anderem Rotorwellen für Elektromotoren.
Können Sie einige konkrete, aktuelle Projekte nennen?
Aktuell unterstützen wir zum Beispiel unseren Automotive-Bereich dabei, den Product Carbon Footprint für einen Dämpfer zu berechnen. Der Product Carbon Footprint beinhaltet dabei alle CO2- Emissionen, die einem Produkt direkt zugeordnet werden können. Das schließt die vorgelagerte Lieferkette inklusive der Rohmaterialgewinnung ein sowie alle Emissionen, die durch Stromverbrauch oder die Verbrennung fossiler Energieträger entstehen. In der nachgelagerten Lieferkette zum Kunden betrachten wir aktuell nur den Transport zum Kunden (Cradle to Gate) und schließen die Nutzungs- und Verwertungsphase aus (Cradle to Grave), da diese Emissionen zu sehr vom Nutzungsverhalten der Endverbraucher abhängen.
Aber auch im Segment Materials Services rückt Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus, sodass wir bei verschiedenen Aktivitäten in dem grünen Transformationsprogramm – wie zum Beispiel die Berechnung des Product Carbon Footprints oder Vorbereitung zum Einstieg in den Zertifikatehandel zur freiwilligen Kompensation – beratend zur Seite stehen. Zukünftig werden wir uns unter anderem darauf fokussieren, unsere Kompetenz im Bereich CO2-Fußabdruck und holistischer ESG- Strategien weiter auszubauen.
Gibt es neue Unternehmenssparten, die sich in der „Group of Companies“ gebildet haben?
Ein neuer Geschäftsbereich innerhalb der thyssenkrupp Gruppe ist nucera, mit der Kompetenz für den Bau von Wasserstoffanlagen. Damit schließen wir das Dreieck aus Angebot, Nachfrage und Infrastruktur innerhalb unserer Unternehmensgruppe. Auf der Angebotsseite haben wir mit nucera ein Unternehmen in der Gruppe, das Wasserstoffanlagen im Gigawattmaßstab liefern kann. Bedarfsseitig haben wir mit unserem Stahlwerk in Duisburg ein Geschäft, welches in großem Maße von grünem Wasserstoff abhängig sein wird, um nachhaltigen Stahl produzieren zu können. Und thyssenkrupp Rothe Erde liefert Produkte für Windkrafträder, um so auch den Ausbau der Infrastruktur für nachhaltige Energieproduktion zu unterstützen.
TKMC ist als interne Beratung ein Instrument, mit dem das Management unterstützt wird. Wie unterstützt TKMC den Konzern in seinen Nachhaltigkeitsbestrebungen und wie hoch ist der Anteil der Projekte mit dieser Zielrichtung?
thyssenkrupp hat natürlich neben dem Thema Nachhaltigkeit verschiedenste Herausforderungen zu meistern, bei denen wir als interne Beratung unterstützen. Innerhalb von TKMC unterscheiden wir dabei fünf Handlungsschwerpunkte: Performance, Strategy & Markets, Transformation & Execution, Digitalization und Sustainability. Wie in allen anderen Schwerpunktbereichen unterstützt TKMC den Konzern vor allem durch die Beratung innerhalb unserer Projekte. Der Anteil von Nachhaltigkeitsprojekten liegt dabei bei etwa 15 Prozent – wobei wir diesen natürlich steigern wollen! Darüber hinaus sind wir aber auch in einem thyssenkrupp weitem ESG-Netzwerk aktiv und tauschen uns hier mit Kolleg:innen zu den verschiedensten Nachhaltigkeitsthemen aus.
Wir haben bei TKMC dieses Jahr auch unseren eigenen Corporate Carbon Footprint ermittelt und lassen diesen gerade durch den TÜV zertifizieren
Positioniert sich TKMC als eigenständiges Unternehmen in diesen Bereichen auch mit eigenen Initiativen?
Wir verstehen uns bei TKMC nicht nur als vertrauensvoller Partner für unsere Kunden im Konzern, sondern möchten auch im Thema Nachhaltigkeit Vorbild sein. Deswegen haben wir dieses Jahr auch unseren eigenen Corporate Carbon Footprint ermittelt und lassen diesen gerade durch den TÜV zertifizieren. Parallel arbeiten wir in diversen Arbeitsgruppen mit mehr als zehn Kolleg:innen daran, eigene Reduktionsmaßnahmen zu entwickeln, wie etwa die Reduktion von Flugmeilen. Wir engagieren uns als TKMC außerdem auch sozial und veranstalten einmal im Jahr einen Social Day, bei dem wir soziale Einrichtungen in Essen tatkräftig unterstützen, wie etwa durch Ausflüge mit Bewohner:innen von Seniorenheimen.
Sie selbst kümmern sich als Spike um das Thema Nachhaltigkeit bei TKMC. Worauf begründet sich Ihr Engagement?
Mir ist das Thema Nachhaltigkeit eine persönliche Herzensangelegenheit. Zum einen möchte ich, dass die Welt auch für zukünftige Generationen lebenswert bleibt, zum anderen möchte ich auch persönlich in einer intakten Umwelt mit sauberer Luft und sauberem Wasser leben. Daher finde ich es so wichtig, mich nicht nur privat, sondern auch in meinem beruflichen Umfeld für dieses Thema zu engagieren und Dinge voran zu treiben.
Diese Chance habe ich bei TKMC erhalten, indem ich den Sustainability Spike aufbauen darf. Sprich, ein Fokusbereich in unserem Projektportfolio, in dem ich nun die Chance habe, Beratungsangebote zu entwickeln, mit denen wir die Geschäfte der thyssenkrupp Gruppe bei ihrem Wandel zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen können.
Wie stehen die Chancen auf Klimaneutralität bei TKMC und thyssenkrupp?
Als Unternehmensgruppe haben wir uns ganz klar auf Klimaziele festgelegt, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen, dem Green Deal und auch den Vorgaben der deutschen Gesetzgebung stehen. Das heißt, es gibt keine Alternative zur Klimaneutralität. Das heißt aber nicht, dass es für uns als Unternehmensgruppe eine einfache Reise sein wird.
Bei TKMC versuchen auch wir unseren Beitrag dazu zu leisten, auch wenn unsere Emissionen im Gesamtkonzern eher eine Nachkommastelle darstellen. Aktuell arbeiten wir vor allem daran unsere Emissionen aus Geschäftsreisen, Pendeln und Energieverbrauch zu adressieren.
Marie-Therese Gaul // thyssenkrupp Management Consulting
Marie-Therese Gaul, Jahrgang 1985, studierte International Management an der Steinbeis Universität Berlin. Sie ist seit Juli 2018 bei TKMC und mittlerweile Principal mit den Beratungsschwerpunkten Operative Verbesserung, Lean Management und Restrukturierung. Seit 2021 verfolgt sie das Thema Nachhaltigkeit als Spike bei TKMC. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten in der Natur, beim Wandern im Wald oder beim Tauchen im Meer. Als leidenschaftliche Hobbyköchin experimentiert sie aber auch gerne zu Hause mit neuen Gerichten.