Einen leicht verständlichen Finanzplan für eine Hebammenpraxis entwickeln – dieser Herausforderung stellten sich drei Mitglieder der Studentischen Beratung InOne Consult e. V. Doch es zeigte sich bald, dass diese Aufgabe keine leichte Geburt werden sollte.
Kein prestigeträchtiges Großprojekt bei einem Dax-Konzern war es, sondern ein Alltagsprojekt, das unsere Studentische Unternehmensberatung InOne Consult e. V. aus Tübingen Anfang des Jahres 2012 übernahm.
Es ging dabei um ein Projekt, das für viele kleine Tübinger den Start ins Leben schöner gestalten sollte. Unsere Aufgabe war es, die Finanzplanung für eine lokale Hebammenpraxis durchzuführen, damit sich die vier Geburtshelferinnen künftig ganz auf ihr wichtiges Kerngeschäft konzentrieren können. Zudem stand ihnen eine Veränderung des Praxisteams bevor. Eine Hebamme wollte während ihres Mutterschaftsurlaubs die komplette Verwaltung alleine übernehmen. Um das Gehalt hierfür zu bestimmen, fehlten allerdings wirtschaftliche Kerndaten, die wir erarbeiten sollten.
Die Hebammen hatten 2008 eine Gemeinschaftspraxis eröffnet, um Kurse für werdende Mütter und Väter anzubieten. Das Programm teilt sich in zwölf verschiedene Kurse für Schwangere, Mütter und Eltern ein. Neben den Kursen bieten die Frauen auch klassische Hebammenhilfe vom Anfang der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit an. Da jede Hebamme eine unterschiedliche Anzahl von Kursen und Kursterminen hält, variiert dementsprechend die Vergütung. Deshalb beauftragten uns die Geburtshelferinnen, einen Finanzplan zu erstellen, um die Einnahmen und Ausgaben festzuhalten sowie den Gewinn und Verlust pro Kurs aufzuzeigen. Dazu analysierten wir die Unterlagen des Geschäftsjahres 2011.
Unsere Gruppe schrieb das Projekt intern aus und stellte drei Mitglieder mit unterschiedlichem Background zu einem gemischten Team zusammen, darunter ein Wirtschaftswissenschaftler, ein Mediziner und ich als angehende Wirtschaftsingenieurin mit der Spezialisierung Produktionsmanagement.
Aus den Unterlagen, die uns die Auftraggeberinnen zur Verfügung stellten, konnten wir viele wichtige Daten herausarbeiten. Dennoch stießen wir auf einige Probleme. Sobald wir einen Überblick über die ganzen Unterlagen hatten, gestaltete sich der erste Teil, in dem wir die Einnahmen aus der klassischen Hebammenhilfe erfassten, sehr einfach. Jede Hebamme hatte einen bestimmten Prozentanteil ihrer Einnahmen an die Praxis übergeben. Schwieriger war allerdings die anschließende Erfassung der Kursdaten. Zwar hatten die Klientinnen das Programm in Kurse für Schwangere und Angebote für Eltern unterteilt, bei der Abrechnung hatten sie jedoch darauf verzichtet. Hier wurde nach verschiedenen Methoden abgerechnet, zum Beispiel nach Teilnehmerzahl oder Zeitintensität. Hinzu kamen noch Kurse, die von Honorarkräften in den Räumlichkeiten der Praxis durchgeführt werden.
Schnell war uns klar, dass wir Strukturen schaffen mussten. Wir teilten jedem Teammitglied eine Gattung von Kursen zu. Die Arbeit konnte beginnen. Unseren Klientinnen, die bisher die Verwaltung selbstständig durchgeführt hatten, fehlte der betriebswirtschaftliche Background. So stellten wir zunächst die klassische Gewinn und Verlust-Rechnung auf. Wir berechneten für jeden Kurs den Break-Even-Point, also die Teilnehmerzahl, ab der die Einnahmen größer als die Kosten waren. Hierdurch konnten wir die Geburtshelferinnen über die Rentabilität des Programms aufklären. Eine Schwierigkeit bei der Abrechnung waren beispielsweise die verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten wie Einzelpreise, Fünfer- oder Zehnerkarten.
Was uns bei unseren Recherchen am meisten überraschte, war, dass scheinbar alle angebotenen Kurse Gewinne erwirtschafteten. Das zeigt aber auch, dass es uns nicht gelang, alle finanztechnischen Vorgänge umfassend geeignet darzustellen. Dies hing vor allem damit zusammen, dass unsere Klientinnen häufig gar nicht aufzeichneten, wie viele Kunden welche Karten kauften. Das war für uns ein echtes Problem. Wir verbrachten einige Zeit damit, uns zu überlegen, inwiefern unsere Arbeit richtig war, wie wir weiter vorgehen sollten und an welchem Szenario wir uns orientieren sollten.
Letztendlich entschieden wir uns, für unsere Berechnung vom „worst case“ auszugehen und die Zehnerkarte als Grundlage zu nehmen, da die Buchhaltung und die preisliche Aufteilung der Kurse ohnehin schon chaotisch genug war. Wenn alle Teilnehmer mit einer Zehnerkarte bezahlen, was für sie die billigste Variante wäre, würde das für die Praxis aus jeder Sicht den kleinsten Gewinn bedeuten.
Um den weiteren wirtschaftlichen Erfolg der Praxis garantieren zu können, rieten wir unseren Klientinnen eine einheitliche Kostenstruktur aufzustellen und dafür ein Kostenschema für alle Kurse zu verwenden. Der Vorschlag fand auch bei den Geburtshelferinnen große Zustimmung.
Unser Ziel war es, einen Finanzplan zu erstellen, der für die Hebammen leicht verständlich war, damit sie sich einfach und schnell einarbeiten konnten. Obwohl oder gerade weil es uns manchmal nicht ganz einfach fiel, Herr über die unsortierte Datenflut zu werden, war dies eine spannende und herausfordernde Ausfgabe für unser Team, der wir uns gerne gestellt haben. Nicht zuletzt spielte auch die nette und gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Klientinnen sowie ihre besondere berufliche Bedeutung in der Gesellschaft eine große Rolle für unser unermüdliches Engagement.
Am Ende konnten wir ihnen eine Auflistung der Ein- und Ausgaben der Praxis sowie eine einfache Kennzahl bereitstellen. Die Geburtshelferinnen waren mit unserer Arbeit sehr zufrieden und konnten ihr Kursangebot nach dem Projekt sogar noch erweitern. Derzeit stehen wir mit ihnen wegen eines Folgeprojekts in Kontakt, da sie überlegen, eine GmbH zu gründen.
Autorin: Jessica Essing, InOne Consult e. V