Vier Erfolgsprofile von Accenture, Capgemini, Deloitte und EY auf LinkedIn mit Lernkurve für den eigenen Account. Ein Gastbeitrag von Susanne Mathony
Frauen sind irgendwie immer „zu viel“ – zu laut, zu leise, zu bossy, zu jung oder zu alt. Sie haben entweder zu viel oder zu wenig Sichtbarkeit. Ihr Personal Branding ist zu massiv oder nicht-existent. Auch viele Beraterinnen im Consulting sehen sich mit diesem Bias konfrontiert. Wie Beraterinnen durch strategisches Personal Branding ihre Sichtbarkeit erhöhen können, erklärt Susanne Mathony, Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists.
Die Sichtbarkeit – oder Unsichtbarkeit – von Beraterinnen hat zwei Konsequenzen: Erstens: Frauen, die Karriere im Up-or-out-Consulting-Modell machen möchten, werden oft „leiser“. Um möglichen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, verzichten sie auf strategisches Personal Branding. Zweitens: So erzielen sie deutlich weniger Sichtbarkeit – nach innen wie nach außen. Sie schneiden sich vom Kontakt zu aktuellen wie potentiellen Klienten und Multiplikatoren ab.
Kurzum: Sie vernachlässigen Jeff Bezos-Botschaft „Your brand ist what over people say about you when you’re not in the room!“.
Nicht Eitelkeit ist der Treiber, sondern professionelles und persönliches Wachstum
Nur wer sichtbar ist, wird wahrgenommen. Nur wer wahrgenommen wird, kann seine Expertise/ seine Kompetenz zeigen. Erst Sichtbarkeit macht Relevanz möglich. Und Relevanz ist letztlich das, was in den Köpfen der Menschen hängen bleibt. Ohne Ausnahme gilt das auch im Consulting.
Besonders von Beraterinnen, die noch ein bis zwei Stufen unter dem ersehnten Partnerlevel sind, höre ich: „Sichtbarkeit ist nichts für mich. Das riecht nach Eitelkeit!“ Dazu kommt das Argument „Der innenpolitische Preis für meiner Sichtbarkeit ist zu hoch.” Richtig hingegen wäre der gezielte Karrieregedanke: „Ich priorisiere mein professionelles und persönliches Wachstum.“
Strategisches Personal Branding bringt Einfluss und Selbstwirksamkeit
Bereits 1997 nutzte Tom Peters den Begriff in „The Brand called you“. In seinem Essay formuliert er die Worte: „We are CEOs of our own companies: Me Inc.“
Dabei verweist er auf den Faktor Macht. „If you want to grow your brand, you’ve got to come to terms with power — your own. The key lesson: power is not a dirty word!”
Mit dieser Facette von Einfluss und Selbstwirksamkeit fremdeln noch manche. Wer 25 Jahre nach Peters‘ Essays „Personal Branding“ googelt, findet 467 Millionen Treffer. Vor einem halben Jahr waren es erst 415 Millionen – also Tendenz stark steigend!
Die Positionierung als „Visible Expert“ zahlt sich messbar aus
Personal Branding hilft in der internen wie externen Positionierung und beim New Business. Für die Karriere zahlt es sich messbar aus, ein „Visible Expert“ zu sein. Studien belegen messbare Returns: So verzeichnen 41 Prozent der Visible Experts Umsatzsteigerungen und Neugeschäft. Und bei 38 Prozent hat es die Glaubwürdigkeit und Reputation erhöht gestärkt.
Nun folgen vier Beispiele von sichtbaren Frauen im Consulting. Ihre Erfolgsprofile auf LinkedIn bieten eine tolle Lernkurve für den eigenen Account.
Lara Sophie Bothur, Deloitte, „Voice for Innovation” & Consultant
Was ist aktuell eines der spannendsten Profile einer Female Consultant auf LinkedIn? Das von Lara Sophie Bothur von Deloitte. In gut acht Monaten hat sie es auf mehr als 35.000 Follower gebracht.
Auf ihrem Account geht es um an sich trockene Tech- beziehungsweise Sustainability-Themen wie Virtual Reality, Metaverse, AI oder ESG. Ihr Erfolgsrezept? Die „drei S“: Storytelling, Smartness und Selfies.
Alle Posts starten mit einem starken Hook – also einem Aufhänger, der die Follower sofort fängt. Es ist immer ein Einzeiler, fett formatiert. Durchgehend setzt die Deloitte-Beraterin auf Selfies – gerne auch als Collage mit Kollegen. Einige meiner Klientinnen protestieren (noch), dies sei zu instagramlike. Zudem sei man selbst nicht so photogen. Das aber springt zu kurz.
Lara Bothur feiert nicht sich selbst, sondern platziert smart verpackt Tech-Themen. Ein Beispiel ist ihr „Behind-the-Scenes“-Post bei Lilium. Hierfür erhält sie rund 4.150 Likes. Hätte sie einen langweiligen Textpost über die Zukunft von Flugtaxis abgesetzt oder einzig die „Smart Mobility“-Studie von Deloitte lanciert, wäre diese Reichweite unmöglich gewesen.
Ihr Aufruf, sich als Werkstudent zu bewerben, erhält 1.665 Likes. Ein HR-Post des Corporate Accounts hätte vermutlich nur ein Dutzend Likes generiert.
Ihr Titel: „Voice of Innovation“ zeigt: Sie ist keine klassische Beraterin. Für mich ein smarter Schachzug – für die Unternehmens- wie die Personenmarke.
Corporate Influencer-Programme im Consulting werden häufig parallel zu den Organisationscharts aufgebaut – also nach Industriezweigen und Hierarchien. Mit Lara Bothur wird hingegen eine Trumpf-Karte gespielt: Die „One Face to the Social Media“-Strategie. Ihre Aufgabe: Die Sichtbarkeit von Deloitte im Tech-Bereich über LinkedIn zu erhöhen. Ihre Zielgruppen: Unternehmen, Prospects wie potentielle Berater – also eine starke Mischung aus Social Selling und Employer Branding.
Julie Sweet, Accenture, Chair & CEO
Wer einen Social CEO im Professional Services sucht, findet Julie Sweet, (Chair & CEO Accenture). Schon durch ihre enorm hohe Followerzahl von mehr als einer viertel Million sticht sie ins Auge. Zum Vergleich: Der CEO von BCG, Christoph Schweizer, kommt auf 33.021 Follower. Sein Counterpart bei McKinsey, Bob Sternfels, startete seinerzeit in seine neue Rolle mit nur 332 Kontakten. Mittlerweile bringt er es auf 18.094 Kontakte.
Was ist das Rezept von Julie Sweet? Sie lebt die Erfolgsformel für eine wirksame Positionierung: „Strategie x Kongruenz x Persönlichkeit x Konzept x Botschaft.“
So betreibt sie überzeugendes Agenda-Setting. Statt thematisches Allerlei vertritt sie klare inhaltliche Schwerpunkte. Als oberste Markenbotschafterin greift sie auf Accenture-Content zurück. Zusätzlich setzt sie gezielt eigene Akzente – etwa indem sie Auszeichnungen, Presse-Coverage oder Podcasts promoted.
Julie Sweet beweist CEO Aktivismus und Haltung. Denn auch auch für Unternehmensberatungen und die Big Four hat Friedmans Forderung: „The business of business is business“ ausgedient. So enthält ihr Feed Statements zum Angriffskrieg auf die Ukraine, Afghanistan, 9/11, COVID19 oder LGBT. Und natürlich kommentiert sie als eine der wenigen Top-Frauen der Branche Women Empowerment.
Bei Themen, die ihr wichtig sind, verzichtet sie zuweilen bewusst auf Bilder – etwa in ihrem Post zum Tod von Madeleine Albright. Für diesen erhält sie 4.165 Likes – wiewohl der LinkedIn-Algorithmus sonst Bilder bevorzugt. Gleich verfuhr sie zum Tod der Ikone Ruth Bader Ginsburg. Julie Sweet brauchte nur 5,5 Zeilen, um ihren Respekt und die Lehren für Gender Equality zu beweisen. Beides klare Zeichen, dass nicht nur laute, sondern leise Posts erfolgreich sein können.
Barbara Schafarczyk, Capgemini, Alliance Manager für SAP
Selbst Kollegen nennen Barbara Schafarczyk mittlerweile „B“ – so wie sich die Alliance Manager für SAP bei Capgemini auf LinkedIn nennt. Die Powerfrau aus Polen hat sich eine „Made to stick“-Personenmarke geschaffen. 2019 führte ein Training samt Auszeichnung als „Outstanding Woman in Leadership“ bei ihr zum inneren Durchbruch. Seither ruhen ihre Accounts bei Instagram und Facebook. Stattdessen interagiert sie mit ihrer Community auf LinkedIn – und das mit hoher Leidenschaft.
Barbara Schafarczyks Feed profitiert von Klarheit. Dazu hat sie den „Creator“-Modus bei LinkedIn aktiviert. Auf den ersten Blick signalisiert sie ihren Followern ihre Herzensthemen: #csr, #sap, #diversity, #socialmedia, und #personalbranding. Wie die Corporate Influencerin Lara Bothur baut sie auf die „drei S“: Storytelling, Smartness und Selfies. „B“ beweist hohe Kontinuität von zwei bis drei Posts wöchentlich. Dazu erstellt sie einen monatlichen Content-Plan.
Sie bezeichnet sich selbst als „Aktivistin“. Das zeigt ihr eindringliches Video zum „Global Gender Gap Report 2022“. Ihre Employer Branding-Posts wie etwa der zur Hannover-Messe „But B, job is just a job!? Or not?“ erhalten auch deshalb über hundert Likes, weil man ihr glaubt, ihr vertraut. Barbara Schafarczyks Feed lebt von Authentizität. Wer sich ihren Post zu Oscar Wildes Rat „Be yourself; everyone else is already taken” ansieht, merkt: Da springt niemand auf den Authentizitätshype auf. Sie ist echt. Ihre Tipps, die sie zum Thema Personal Branding gibt, reflektieren ihre lange Berufs- und Managementerfahrung. Und weil sie „echt“ ist, kann sie sich Ironie und Sarkasmus erlauben – etwas, was sonst auf LinkedIn eher schwierig ist.
Dass sie ihr Heimatland Polen liebt, zeigt sie. Ihr Post „So B, why do you always spend holidays in Krakow / Poland, and don’t visit all these amazing places in the world?” schafft den dreifachen Salto. Er baut nicht nur Emotionalität auf, sondern integriert ihre Female Empowerment-Überzeugung und den Aufruf, sich im Krakauer Büro zu bewerben. Chapeau – denn ihren Feed inklusive Video- oder Collagen-Produktion stemmt sie völlig alleine. Die sechs bis sieben Stunden, die sie wöchentlich für ihre Sichtbarkeit auf LinkedIn benötigt, sind ihr privates Investment.
Julie Teigland, EY, EMEIA Area Managing Partner
Auch der Account von Julie Teigland, EMEIA Managing Partner von EY, besticht durch inhaltliche Klarheit. Natürlich postet sie auch Corporate-Klassiker. Ansonsten liegt ihr spitzer Fokus auf Climate Change/ESG sowie Women in Leadership/Diversity. Für die Branche auffällig zurückhaltend ist sie mit dem Posten von EY-Studien. Stattdessen bleibt sie thematisch maximal konsistent und konsequent. Das kommt bei ihren Followern an. Was ihren Feed ebenfalls auszeichnet? Ihr Verständnis für die Wirkmacht von Bildern – eben „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“.
Julie Teigland nutzt die Bilder als starkes Tool gegen Abstraktion und Austauschbarkeit auf zwei Ebenen. Zum einen auf der Power-Ebene, indem sie sich in ihrer EY-Funktion auf Meetings wie dem World Economic Forum (WEF) in Davos oder der #VivaTech in Paris präsentiert.
Zum anderen emotionalisiert sie gezielt. Beispiele sind ihre individuellen Oster– oder Muttertagsgrüße. Sie verwendet ästhetisch inszenierte Selfies mit ihrer Familie. Für diese erhält sie mehr als 1.240 respektive 690 Likes. Sie spielt mit persönlichen Elementen, um Nahbarkeit zu erzeugen. Die Grenze zum Privaten überschreitet sie nie.
Fazit: Personal Branding zahlt sich für Female Consultants messbar aus
Gleich, ob Beraterinnen extrovertiert oder introvertiert sind: Sichtbarkeit und klare Positionierungen zahlen sich immer aus. Wer auf rollenauthentischen Content und Nahbarkeit setzt, erzielt eine hohe Glaubwürdigkeit. Und Vertrauen – Trust – ist eine starke Währung.
Gerade weil im Consulting der „War for talents“ aktuell so heftig tobt, ist es jetzt eine gute Zeit zu starten. Wer als Female Consultant noch oben gelangen will, kommt um strategisches Personal Branding nicht herum.
Susanne Mathony, Mathony Brand Strategists
Susanne Mathony ist Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists, eine internationale Marketing- und Kommunikationsberatung mit dem Schwerpunkt auf Professional Services. Unter den Klienten finden sich Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Anwaltskanzleien sowie Executive Search. Als internationale Kommunikationsexpertin blickt sie auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung im Professional Services zurück. Auf DACH und EMEA-Ebene arbeitete sie unter anderem für Andersen Consulting (heute Accenture), AlixPartners, Booz & Company (heute Strategy&) sowie Russell Reynolds Associates.