Raphael Würffels Erfahrungsbericht über ein Jahr mit vielen Herausforderungen, Learnings und Erfolgen
Mehr aus dem Studium herausholen. Sich ausprobieren, Erfahrungen sammeln und ein Netzwerk aufbauen. Studentische Unternehmensberatung ist mehr als Unternehmensberatung von Student*innen, es ist das Erlernen von Hard- & Softskills, das Finden der eigenen Werte und zu wissen, was man möchte oder auch nicht möchte. Wege gibt es viele, am Ende gilt es, den für sich besten zu finden.
Es ist Sonntag, der 27. März 2022. Gerade traten mein Vorstandsteam und ich nun offiziell unsere Vorstandsämter des Amtsjahres 2022 / 23 für den BDSU an. Der BDSU, Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen, vereint die führenden studentischen Unternehmensberatungen in Deutschland mit insgesamt mehr als 3.000 Mitgliedern.
An jenem Sonntag begann ein spannendes Jahr, mit vielem Neuem, vielen Erwartungen, die in Erfüllung gingen, ausblieben, genauso mit vielem Unerwartetem, was am Ende ein unvergessliches Jahr ergab.
Doch der Reihe nach. Worum geht es in der studentischen Unternehmensberatung? Bei studentischen Unternehmensberatungen handelt es sich in Deutschland in den meisten Fällen um Vereine, studentische Initiativen an Hochschulen, in denen sich Student*innen zusammenfinden, um gemeinsam bereits während des Studiums Praxiserfahrung zu sammeln und sich ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Dabei wird in den ersten Monaten mittels Schulungen und eines Anwartschaftsprojekts Basiswissen erlernt – Projektarbeit, Präsentationen halten und vieles mehr. In der studentischen Unternehmensberatung kann man durch die interne Arbeit, diverse Schulungen und Kuratoren Workshops verschiedene Bereiche kennenlernen, sich in diesen ausprobieren und sich in diesem Zuge thematisch vertiefen. Das erworbene Wissen befähigt bei Interesse auch bezahlte externe Projekte für Kunden aller Größen, von Start-ups, über KMUs bis zu großen Konzernen, durchzuführen. Der BDSU unterstützt dabei seine Mitglieder bei dem Aufbau ihres Netzwerks. Es wird zweimal im Jahr ein Kongress organisiert, wodurch sich die Mitglieder untereinander und mit Unternehmen vernetzen können. Außerdem widmet sich der BDSU im Kern der Verbreitung der Idee der studentischen Unternehmensberatung und macht auch auf politischer Ebene das Konzept bekannter. Durch das jährliche Audit werden alle Mitglieds-initiativen durch den BDSU qualitativ geprüft.
Aufgaben des 1. Vorsitzenden und Vorstands für Öffentlichkeitsarbeit
Insgesamt gliedern sich die Vorstandsressorts in Öffentlichkeitsarbeit, Unternehmenskontakte, Netzwerk, Qualitätsmanagement und Finanzen & Recht. Ich wurde an dem besagten Sonntag zum Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit und 1. Vorsitzenden gewählt. Die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit sind die Verbreitung der Idee der studentischen Unternehmensberatung, die generelle Repräsentation des BDSU in der Öffentlichkeit, der Kontakt in die Politik und das Vertreten des Verbands in unseren Netzwerken. Hinzu kommen die Aufgaben des 1. Vorsitzenden. Dieser ist für die Führung und Koordination des Vorstandteams und die strategische Weiterentwicklung des Verbands verantwortlich.
Meine drei größten Learnings
In den 12 Monaten meiner Amtszeit durfte ich vieles ausprobieren, bin immer wieder aus meiner Komfortzone gegangen und habe viel gelernt. Ich habe drei Punkte herausgegriffen, die nach meiner Auffassung für Führungspersonen essenziell sind.
1.Investitionen ins Team
Erfolg ist Teamarbeit. Was in beinahe jeder Management-Literatur so oder so ähnlich formuliert ist, stellt gleichzeitig eines meiner größten Learnings dar. Individuelle Stärken allein reichen nicht aus. Ein starkes Team arbeitet zusammen, gleicht einander Schwächen aus und ist auf einer Wellenlänge. Damit ein Team funktioniert, muss wiederum auf die Einzelpersonen individuell geachtet werden. Regelmäßige Vieraugengespräche helfen der Führungskraft, Vertrauen aufzubauen und die Ressourcen jedes einzelnen Teammitglieds einzuschätzen. Dabei ist die Unterscheidung zwischen persönlich und privat wichtig. Auf persönlicher Ebene zu sprechen, wie es der anderen Person geht, was die Person beschäftigt und einander ehrliches konstruktives Feedback zu geben sollte angestrebt werden, über privates wie Familie zu sprechen muss von der anderen Person selbst kommen. Kurze Update-Meetings motivieren und geben einen Überblick über die Ergebnisse des Teams. Dabei sollte jedes Teammitglied kurz die eigenen Fortschritte, Zwischenstände genauso wie die aktuellen Hürden vorstellen. Wichtig ist auch Raum für Input zu geben. Dabei ist wichtig zu moderieren und die verschiedenen Teammitglieder einzubinden. Weitere Aufgabenpakete können in diesem Rahmen verteilt werden, detailliertere Anweisungen sollten dann in Einzelgesprächen erfolgen.
Regelmäßiges Teambuilding ist wichtig, allerdings in Maßen. Die Aktivitäten sollten dabei gemeinsam im Team ausgewählt und geplant werden. Ein- bis zweimal im Jahr reicht in den meisten Fällen aus. Es sei denn, es gibt spezifische Gründe, wie größere Umstrukturierungen im Team, die ein außerplanmäßiges Teambuilding nötig machen.
2. Fundierte Entscheidungen treffen
Der Drang, anderen zu gefallen, kann zu Problemen führen. Zustimmung ist erlösend und macht Unsicherheit zu Sicherheit. Doch was bedeutet das insgeheim? Man versucht bereits in der Entscheidungsfindung möglichen Konflikten zuvorzukommen, ihnen auszuweichen und einen vermeintlichen Kompromiss zu finden. Im Vorfeld einer Entscheidung macht man sich ein Bild der Gesamtsituation, diskutiert, sucht nach der besten Lösung und hinterfragt, allerdings nicht auf der Ebene des gefallen wollen, sondern sachlich nüchtern.
Doch wie sollte man auf Gegenwind reagieren? Innerhalb des Entscheidungsfindungsprozesses geht es darum, abzuwägen und auf Basis von Daten die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Aus diesem Grund können Entscheidungen auch selbstsicher vorgetragen werden. Schließlich sind sie auf Grundlage einer fundierten Entscheidungsfindung erfolgt. Ein selbstsicheres Vortragen führt dazu, dass der Gegenwind abnimmt. Kommt es zu Gegenwind, dann nicht in die Schiene des Rechtfertigens abgleiten, sondern die Argumente der Entscheidungsfindung möglichst vielseitig beleuchten und offen für die entgegenkommenden Argumente sein. Entweder sind sie bereits mit einbezogen und können entkräftet werden oder das Argument wird mitgenommen, in Ruhe reflektiert und, sofern möglich und relevant, im weiteren Verlauf berücksichtigt.
3. Eigene Motivation hochhalten
In einem Jahr passiert vieles. Persönlich, im Team und manchmal ist es einfach ein schlechter Tag, der demotiviert und den Fokus nimmt. Um Motivationstiefs vorzubeugen oder ihnen entgegenzuwirken, sind persönliche Ziele ein Weg der Lösung. Dabei geht es um das persönliche Wachstum und die eigene Weiterentwicklung, losgelöst von den Zielen der Organisation. Das kann das Sprechen vor einer größeren Menschenmenge, selbstsichereres Auftreten und vieles mehr sein. Diese Ziele sollten schriftlich festgehalten werden, um eine höhere Verbindlichkeit für sich selbst zu schaffen. In schwierigen Zeiten erinnern sie daran, warum man sich der Aufgabe angenommen hat. Dabei ist eine regelmäßige Reflexion der persönlichen Ziele wichtig. Eines meiner Ziele war die weitere Herausbildung meiner empathischen Fähigkeiten, gerade im Bereich der digitalen Zusammenarbeit.
12 Monate, die bleiben
Neben den vielen Learnings waren es die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten und die ich kennenlernen durfte, die diese Zeit so besonders machten. Und die unvergesslichen Geschichten, die daraus entstanden.
Raphael Würffel
Raphael Würffel war im Amtsjahr 2022/23 1. Vorsitzender und Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit des BDSU, davor bereits 1. Vorsitzender und Vorstand für Finanzen & Controlling von JMS Augsburg, der studentischen Unternehmensberatung der Universität Augsburg. An dieser studierte er parallel zu seinen Vorstandsämtern Soziologie und Politikwissenschaft.