Warum sich die Freiberuflichkeit auch für junge Berater lohnen kann
Das Studium als einer der Jahrgangsbesten abgeschlossen, einen begehrten Job als Consultant bei McKinsey oder einem der anderen Big Player auf dem Markt ergattert und damit den Karrierepfad in einer Unternehmensberatung beschritten, der steil nach oben führt. Das bedeutet vor allem: viel arbeiten, viel reisen, viel Geld verdienen, up or out. Doch viele wissen schon früh, dass sie nicht für immer so weitermachen wollen, und suchen nach Alternativen. Jan Schächtele, Co-Gründer von Comatch, über die Chancen junger Berater und Beraterinnen in der Selbstständigkeit.
Bei einer der großen Unternehmensberatungen zu arbeiten, ist der Wunsch vieler und nur die Besten schaffen es. Wenn sie ein, zwei Jahre als Consultant gearbeitet haben, wächst bei einigen das Bedürfnis, etwas zu ändern: Sie möchten vielleicht selbstbestimmter arbeiten, mehr Zeit für Familie, Freunde und Hobbys haben oder selbst gründen. Sich selbstständig zu machen liegt da nahe, doch viele Consultants schrecken davor zurück. Aus zahlreichen Gesprächen mit jungen Beratern kennen wir ihre Bedenken sehr gut: Viele meinen, sie hätten zu wenig Erfahrung und fürchten, allein dazustehen, ohne Kollegen und ohne Seniors, von denen sie lernen könnten. Viele scheuen die finanzielle Unsicherheit, gerade wenn sie Studienschulden haben. Und wer gibt schon einfach so einen sicheren, hoch bezahlten Job auf? Auch das Selbstmarketing, die Projektakquise und die administrativen Aufgaben, die zur Selbstständigkeit dazugehören, sind zeitaufwendig und schrecken ab.
Junge Berater sind ein rares und begehrtes Gut
Daher ziehen junge Berater oft gar nicht ernsthaft in Betracht, in die Freiberuflichkeit zu gehen. Dabei haben wir bei Comatch die Erfahrung gemacht, dass gerade junge Berater sehr begehrt sind. Bei unseren Kunden ist vom Start-up über das mittelständische Unternehmen und Beratungen bis zum multinationalen Konzern alles dabei und entsprechend vielfältig sind auch die Projekte. Es werden eben nicht nur erfahrene Projektleiter gebraucht, sondern auch jüngere Berater, die nur zwei bis drei Jahre Erfahrung haben. Denn bei vielen Projekten ist erstmal das klassische Handwerkszeug eines Beraters gefragt: Es müssen Analysen erstellt, Zahlen recherchiert und Interviews geführt werden. Konzepte müssen mitentwickelt und zu Papier gebracht werden, Präsentationen müssen erarbeitet und Unterlagen vorbereitet werden. Darüber hinaus gibt es immer Beratungsbedarf für Digitalisierungsprojekte, z.B. Big Data oder Prozessdigitalisierung und moderne digitalbasierte Arbeitsformen. Die Anfragen für diese Themen kommen vor allem von Startups, die eine gewisse Größe erreicht haben und Unterstützung brauchen oder von klassischen Firmen, die eigene Prozesse digitalisieren müssen oder accelerators aufbauen. Junge Berater sind als Digital Natives mit der veränderten Unternehmenskultur aufgewachsen und kennen die Szene und die Entwicklungen sehr genau, oft waren sie schon in der Festanstellung mit solchen Themen betraut. Und während Consultants in den alteingesessenen Unternehmen oft nur an kleineren Modulen mitarbeiten können – wo sie von erfahreneren Beratern lernen können –, sind sie in Start-ups meist Stand-alone-Berater, die mehr Aufgaben übernehmen und trotz jungen Alters als Projektleiter federführend an der Strategie mitarbeiten.
Junge Berater und Beraterinnen sind also begehrt und werden sehr häufig bei Comatch angefragt. Mit unserem Matching-Prozess stellen wir dann sicher, dass wir Kunden mit dem Berater zusammenführen, der am besten zum jeweiligen Projekt und zur Firmenkultur passt. Und natürlich entwickelt der Berater sich mit jedem Projekt weiter und sammelt Erfahrungen, bis er irgendwann selbst Projekte leitet.
Keine Angst vor der Selbstständigkeit
Der Schritt in die Selbstständigkeit erfordert natürlich Mut. Die Berater stehen aber nicht allein da. Gerade für junge Berater, die erst am Anfang stehen und noch kein großes Netzwerk haben, sind Matching-Services wie der unsere optimal, da wir sie bei Akquise, Marketing und administrativen Tätigkeiten unterstützen, sodass sie sich auf die eigentliche Arbeit, die Beratung, konzentrieren können. Wir vermitteln ihnen passgenaue Aufträge von unseren Kunden, an die sie sonst gar nicht kommen würden. Denn die Aufnahme in unseren Pool ist eine Art Qualitätssiegel: Unsere Kunden vertrauen uns und wissen, dass wir unsere Berater eingehend prüfen und nur die besten auswählen. Wer bei uns aufgenommen werden möchte, muss mindestens zwei Jahre in einem hochklassigen Beratungsumfeld tätig gewesen sein oder zehn Jahre Berufserfahrung in der Industrie mit einem klaren Schwerpunkt vorweisen.
Unser Pool versammelt so Berater mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Erfahrungsgraden. Und da wir aus eigener Erfahrung wissen, wie wichtig es für Selbstständige ist, sich mit Kollegen auszutauschen, sind wir gerade verstärkt dabei, Get-togethers und Learning Sessions für unsere Berater zu organisieren.
Gründe für die Selbstständigkeit gibt es viele
Eine Studie, die wir dieses Jahr mit 430 Teilnehmern aus 22 Ländern aus dem Comatch-Pool durchgeführt haben, zeigte: Der Hauptgrund für Berater, sich selbstständig zu machen, ist der Wunsch nach Selbstbestimmung, Freiheit und Flexibilität. Sie möchten sich ihre Projekte selbst aussuchen und entscheiden, wann, wo, wie viel und mit wem sie arbeiten – für die wenigsten ist es also der Mangel an Alternativen. Abwechslungsreiche Aufträge und wenig Routine sind große Vorteile, außerdem kann man sich viele Unternehmen von innen anschauen und sich in verschiedenen Rollen ausprobieren. Der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance steht zwar weit oben, aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass man als Freiberufler immer noch viel arbeitet – aber es macht einen großen Unterschied, wenn man sich frei dafür entscheidet und es für das eigene Geschäft tut. Und auch wenn ein besseres Einkommen für die wenigsten der Grund für den Weg in die Selbstständigkeit ist: In unserer Studie wurde deutlich, dass 68% der Berater mehr verdienen als im Angestelltenverhältnis. Der durchschnittliche Tagessatz eines Beraters im COMATCH-Netzwerk liegt bei 1.300 Euro, das durchschnittliche Jahreseinkommen bei 150.000 Euro. Die jüngeren Berater, also die unter 30 Jahren, liegen mit einem Tagessatz von 1000 Euro im Schnitt etwas darunter.
Freie Beratung – und dann?
Wer sich einmal selbstständig gemacht hat, möchte es meistens bleiben. Die Berater spezialisieren sich auf bestimmte Themen, Unternehmensformen oder auch auf einen Standort. Eine Beraterin zum Beispiel, die während der Elternzeit mit der freien Beratung angefangen hatte, hat sich danach auf die Start-up-Szene in Berlin fokussiert, sodass sie nicht so viel reisen muss. Und sie nutzen die Flexibilität und Freiheit, die Zeit selbst einzuteilen: Für die Familie, zeitintensive Hobbies und Leidenschaften oder die eigene Firma. Dann ist die freie Beratung finanzielles Standbein neben dem eigenen Start-up. Ein Beispiel dafür ist myflyright, das Igor Maas gemeinsam mit seinem Cousin gegründet hat. Er ist seit über einem Jahr als freier Berater bei COMATCH registriert, arbeitet monateweise beim Kunden und konzentriert sich dann wieder voll auf sein Start-up.
Manche Berater kehren auch nach ein paar Jahren ins Corporate zurück, dann oft zu einem Unternehmen, für das sie als Freie zuvor Projekte gemacht haben – mit der Erfahrung der Selbständigkeit im Rücken. Ich kann also junge Berater, die mit dem Gedanken spielen sich selbstständig zu machen, nur ermutigen. Sie sollen den Sprung wagen und sich ausprobieren, testen, ob es ein geeignetes Arbeitsmodell für sie ist. Dass der Mut meistens belohnt wird, zeigt unsere Umfrage: Ganze 91% der freien Berater sind zufriedener mit ihrer Work-Life-Balance als vorher oder zumindest genauso zufrieden – ein Ergebnis, das wiederum uns sehr zufrieden macht.
Dr. Jan Schächtele (Jg. 1981)
Bevor Dr. Jan Schächtele im Oktober 2014 mit COMATCH den ersten Online-Marktplatz, der freiberufliche Managementberater mit Auftraggebern zusammenbringt, gründete, konnte er zuvor sechs Jahre lang bei der führenden Unternehmensberatung McKinsey & Company die Beratungsbranche und die sich aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung sämtlicher Wirtschaftsbereiche ergebenden Anforderungen aus erster Hand kennenlernen. Seine Tätigkeitsschwerpunkte bei McKinsey lagen im Energiesektor sowie der Infrastruktur- und Logistikbranche, wobei der Fokus vor allem auf den Themen Nachhaltigkeit und Lean Management lag. Dr. Jan Schächtele verfügt über einen Doktortitel in Umweltökonomie der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Wiesbaden. Zuvor studierte er an der EBS Business School, Oestrich-Winkel – mit Abschluss als Diplom-Kaufmann – sowie an den Universitäten von Singapur und Québec, Kanada. Er ist ehemaliger Stipendiat der Stiftung der Deutschen Wirtschaft und spielte mehrere Jahre für den USC Freiburg Basketball in der 2. Bundesliga.
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